Uni sagt Wissenschaftstag ab — Spoun will interne Debatte
von Carlo Eggeling am 28.06.2024Der Protest zeigt Wirkung, die Uni sagt den dies academicus ab. Es gebe internen Klärungsbedarf heißt es in einem Schreiben von Uni-Präsident Sascha Spoun an Mitglieder der Uni, der Lüneburg aktuell vorliegt. Wie berichtet, hatten Studenten dagegen protestiert, dass zwei AfD-Abgeordnete zu dem akademischen Tag eingeladen wurden. ca
Der Brief Spoun im Wortlaut:
Sehr geehrte Universitätsmitglieder,
liebe Kolleg:innen,
Präsidium und Dekan:innen haben sich entschieden, den für den 3. Juli geplanten diesjährigen dies academicus (und das sich daran anschließende Sommerfest) kurzfristig abzusagen. Angesichts interner Diskussionen um die angekündigte Teilnahme von zwei Abgeordneten an dieser Veranstaltung, die Mitglieder der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) sind, scheint es geboten, dass die Universitätsgemeinschaft zunächst die Möglichkeit bekommt, die Situation zu bewerten und eine gemeinsame Position für das weitere Vorgehen zu erarbeiten. Dazu werden Präsidium und Dekan:innen im weiteren Verlauf zu einer universitätsöffentlichen Veranstaltung einladen, um diesen Meinungsaustausch zu ermöglichen.
Grund für die Absage sind auch Sicherheitsbedenken vor dem Hintergrund bereits angekündigter Demonstrationen auch durch universitätsexterne Akteure, über die uns die Sicherheitsbehörden bereits vor einigen Tagen informiert haben. In deren Folge ist zu erwarten, dass die Veranstaltung nicht in der für eine akademische Festveranstaltung angemessenen Weise hätte stattfinden können. Die zum dies academicus vorgesehenen Ehrungen und Auszeichnungen werden daher zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.
Die Leuphana Universität Lüneburg ist wie alle öffentlichen Universitäten dem Niedersächsischen Landtag gegenüber verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Aus diesem Grund ist es guter Brauch, die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses des Landtages zu wichtigen Veranstaltungen der Universität einzuladen. Dies geschieht ohne Ansehen der jeweiligen Parteizugehörigkeit und ist allein durch deren Funktion begründet.
Aktuell führt die Abgeordnete Jessica Schülke den Vorsitz des Wissenschaftsausschusses. Sie ist im Niedersächsischen Landtag Mitglied der Fraktion Alternative für Deutschland und wurde nach parlamentarischen Regeln für diese Aufgabe eingesetzt. Insofern wurde ihr mit Blick auf diese Funktion eine Einladung übermittelt. Frau Schülke ist insofern von der Universität nicht als Mitglied der Partei Alternative für Deutschland eingeladen worden, sondern als Funktionsträgerin im Rahmen der seit vielen Jahren üblichen und so auch erwarteten Einladung der Mitglieder des Wissenschaftsausschusses zum dies academicus.
Zur Veranstaltung eingeladen wurden – ebenfalls wie seit vielen Jahren üblich – auch Mitglieder des Deutschen Bundestags aller Parteien aus Niedersachsen, darunter Frank Rinck als Abgeordneter der AfD. Anders als die Einladung der Mitglieder des Wissenschaftsausschusses des Niedersächsischen Landtages war diese Einladung nicht durch eine Zuständigkeit oder ein mit der Wissenschaft verbundenes Amt des Eingeladenen verbunden. Insofern bestand für die Einladung keine Notwendigkeit.
Vor dem Hintergrund, dass die AfD vom Bundesverfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft ist, wird die Universität ihre diesbezügliche Einladungsstrategie zum dies academicus bzw. zu universitären Veranstaltungen neu bewerten. Die bei dieser Bewertung anzuwendenden Kriterien haben ihre Grundlage darin, dass die Leuphana entschieden gegen ein menschenverachtendes, diskriminierendes, exkludierendes, antisemitisches, faschistisches oder wissenschafts- und gleichstellungsfeindliches Weltbild eintritt.
Wir sind davon überzeugt, dass eine Universität – und so auch die Leuphana Universität Lüneburg – sich immer und entschieden nicht nur für die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre, sondern auch für eine freie, offene und demokratische Gesellschaft einsetzen muss. Dieses Engagement entspricht auch ihrem gesetzlichen Auftrag der „Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat“, so wie es das Niedersächsische Hochschulgesetz formuliert.
Mit herzlichen Grüßen
Sascha Spoun
Präsident
Kommentare
Zu diesem Artikel wurden bisher keine Kommentare abgegeben.