Standing Ovations fürs Theater
von Carlo Eggeling am 22.09.2023 Kommende Woche will die Politik das Gutachten zur Situation des Theaters diskutieren, um zu entscheiden, wie es weitergehen soll. Doch für die Mitarbeiter ist es klar: mit allen drei Sparten, auf das Orchester könne man nicht verzichten. Am Donnerstagabend forderten Dutzende Musiker, Schauspieler und andere Kollegen im Rat der Stadt Solidarität -- und nicht nur Lippenbekenntnisse.
Der aktuelle Intendant Hajo Fouquet und sein Nachfolger, der im kommenden Sommer übernimmt, Friedrich von Mansberg, erklärten das, was eigentlich lange bekannt ist, aber so wenig verfangen hat, dass man für angeblich, so ist es aus der Politik zu hören, rund 70 000 Euro ein Gutachten in Auftrag gab, das bestätigte, dass das Haus wirtschaftlich hervorragend arbeitet, der größte Kostenblock das Orchester mit seinen rund 30 Mitgliedern ist. Wer hier streicht, streicht reichlich.
Das habe massive Folgen, machten die beiden Chefs klar. Von Mansberg: "Sie entscheiden, was für ein Theater Sie haben wollen." Das Theater sei ein Ort der Kunst, der Auseinandersetzung, der Identifikation, des Austauschs und der Demokratieförderung. Fouquet unterstrich, das man die Einnahmen bis Corona kam, von 1,2 auf 1,9 Millionen Euro per anno gesteigert habe, dass damit der Anteil der Eigenfinanzierung bei 25 Prozent liege, andere lägen bei 12 bis 15 Prozent. Überdies sei das Gebäude saniert worden, energetisch und sicherheitstechnisch auf modernem Stand.
Das Theater spiele für das Leben in der Stadt eine Rolle, 30 Prozent der Zuschauer seien Kinder und Jugendliche, über ein Kultursemesterticket erreiche man Studenten. Bläserklassen seien mit dem Orchester verbunden. Selbstverständlich kämen Besucher aus Stadt und Kreis. Die Zuschauerzahl sei von 90 000 auf 115 000 gestiegen.
Bekanntlich hängt das Defizit damit zusammen, dass Land, Stadt und Kreis Zuschüsse für Tarifsteigerungen über Jahre eingefroren hätten. Das Minus könne das Haus nicht mehr einfangen, eine Million Miese im Jahr. Man könne das Orchester nicht zusammenstreichen, das hätte Auswirkungen auf alle anderen Bereiche -- auch finanziell wirke sich das schlecht aus.
Für die SPD erklärte Hiltrud Lotze, ihre Fraktion wolle das Theaters in jetziger Form behalt. Burghard Heerbeck von der CDU sprach von einem kulturellen Schatz für die Region, Frank Soldan befand: "Wer hier streicht, streicht an der Entwicklung der Stadt." Die Grüne Corinna Maria Dartenne befand die Lage als "erschreckend" und meinte: "Vielleicht brauchten wir dieses Gutachten, damit wirklich was passiert." Der Landtagsabgeordnete Philipp Meyn (SPD) erklärte, dass das Land anteilig Kosten übernehmen wolle, das sei im rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben. Doch es gehe auch um ein Finanzierung der folgenden Jahre.
Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch hatte noch den üppigen Applaus für die Theaterleute im Ohr: "Das macht deutlich, dass die Bürger den hohen Stellenwert des Theaters erkennen. Wir brauchen dessen differenzierte, bunte Perspektiven." Allerdings dämpfte sie auch Hoffnungen Stadt und Kreis als Träger des Hauses könnten ganz tief in die Taschen greifen, die seienbekanntlich eher leer. Carlo Eggeling
Kommentare
Zu diesem Artikel wurden bisher keine Kommentare abgegeben.