Scharfe Worte in Richtung Oberbürgermeisterin
von Carlo Eggeling am 30.06.2024Die Enttäuschung Rüdiger Schulz' ist wohl groß, er watschte Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch am Samstag regelrecht ab. Der Bürgerverein feierte seinen 60. Geburtstag im Museum und das Erstellen einer Chronik. Vor rund 60 Gästen begann Schulz seine Begrüßung und Bilanz mit der Feststellung: "Claudia klaut." Das Grußwort, das die Verwaltungschefin geschickt hatte, sei fast wortgleich dem, dass ihr Vorgänger Ulrich Mädge zehn Jahre vorher zum 50. Geburtstag geschrieben hatte. Ob dafür tatsächlich Claudia Kalisch verantwortlich ist, kann man bezweifeln, die Zeilen dürfte ihre Pressestelle verfasst haben. Peinlich bleibt es trotzdem -- der Saal grummelte.
Man fühle sich mit "Geringschätzung behandelt" von einer Oberbürgermeisterin, die neulich im Rat für sich lautstark Respekt eingefordert habe. Claudia Kalisch fehlte bei dem Festakt, für sie war die ehrenamtliche Bürgermeisterin Christel John gekommen, um Glückwünsche von Rat und Verwaltung zu überbringen.
Der Verein gibt einmal im Jahr die Rot-Blau-Weiße Mappe, den Farben der Stadt, heraus, die Lob und Tadel, Kritik und Anregungen enthält. Bürger und Bürgerinnen kommen zu Wort, die Stadtverwaltung nimmt Stellung. Zudem unterstützt der Verein Projekte, er hat einen Brunnen an der Neuen Straße in der Altstadt mitfinanziert oder die Restaurierung eines Bildes des Bürgermeisters Töbing, das im Rathaus hängt.
Auch wenn die Organisation mit knapp 140 Mitgliedern klein ist, bleibt sie eine Institution und gehört zur Tradition. Schulz, seit mehr als 20 Jahren Vorsitzender, behielt die Tonlage bei. In der Mappe ist nachzulesen, was Schulz im Vorgespräch mit LA erklärte. Eigentlich habe man im Hanse-Kontor im Rathaus tagen wollen. Die Anfrage habe er im Oktober gestellt, es dauerte mehr als ein Vierteljahr bis das Rathaus antwortete. Er hakte nach, es sollten Formalitäten geklärt werden, dann hörte Schulz nichts mehr und bat Museumschefin Heike Düselder, die im Publikum saß, um einen Raum.
Warum lief es so? Die Antwort der Oberbürgermeisterin: "Dass Sie in der Folge nicht unmittelbar von uns kontaktiert wurden, hatte sehr menschliche Gründe: Schwangerschaft, Personalwechsel und Krankheit. Nun ist es ja so, dass der Bürgerverein und Sie speziell einen engen Draht ins Rathaus haben und diesen auch nutzen. Herrschte Ihrerseits also Unsicherheit, wäre es ein leichtes gewesen, das mit einem Anruf zu klären." Schulz hätte eine Entschuldigung erwartet, keine Schuldzuweisung.
So ging es weiter. Von wegen enger Draht ins Rathaus: "Die Hauptverwaltungsbeamten Hans-Heinrich Stelljes, Reiner Faulhaber und Ulrich Mädge hatten dafür gesorgt, dass der Bürgerverein stets offenen Zugang zur Verwaltung hatte. Dies ist inzwischen deutlich schlechter geworden: man hat den Eindruck, der Verwaltung seien Anliegen von uns Bürgerinnen und Bürger schlicht gleichgültig. Auf Anfragen wird entweder gar nicht oder mit beträchtlicher Verspätung geantwortet, was einen Eindruck von Überheblichkeit, Arroganz und Bürgerferne erzeugt."
Die Chronik erzählt ein Stück Stadtgeschichte. So dokumentiert sie auch, dass einige der Vorsitzenden eine große Nähe um Nationalsozialismus hatten, sich in der NPD engagierten, die sich heute Die Heimat nennt. Dazu kommen Projekte: Der Verein unterstützte unter anderem die Restaurierung des Schlöbcke-Brunnens am Kalkberg, er ruft Bürger und Bürgerinnen des Jahres aus, die sich besonders für Lüneburg einsetzen.
Die Mappe lobt: "Für Radfahrer besser befahrbar ist nun auch nach der neuen Gestaltung die Salzstraße Am Wasser. Im Laufe der Jahre ist aus einer kaum befahrbaren Schmuddelecke ein Boulevard geworden, an dem man gerade in den Abendstunden bummeln, am Wasser sitzen und Kaffee und Eis genießen kann. Als Ergänzung der Kneipenmeile Stintmarkt ein neuer attraktiver Ort für Einheimische und Touristen."
Der Zustand von Straßen und eine Verbesserung des Busverkehrs nimmt großen Raum ein. Die Verwaltung sagt Veränderung zu oder kommt zum Schluss, dass beim ÖPNV beispielsweise der Landkreis der Ansprechpartner ist. Carlo Eggeling
Kommentare
am 01.07.2024 um 11:22:01 Uhr
besten Dank für diesen gelungenen Artikel. Allerdings teile ich Ihre Einschätzung nicht, das Grußwort habe jemand aus der Pressestelle und nicht Frau Kalisch geschrieben. Das Grußwort kam an einem Sonnabend Abend, nachdem ich bei Frau Kalisch nachgefragt hatte, und zwar von ihr persönlich. Hätte es die Pressestelle geschrieben, hätte ich es (meinem Wunsch entsprechend) bereits am Freitag von dort erhalten. Auch der sonstige Inhalt spricht für Frau K. als Autorin.
Herzliche Grüße
Rüdiger Schulz
am 01.07.2024 um 13:52:38 Uhr
Zum Leid und Schaden unserer Stadtgesellschaft.