Prinzenbesuch im Museum
von Hajo Boldt am 08.12.2023Fast könnte man sagen: Früher war es das Museum für das Fürstentum, heute steht es für das Königreich.
Seit heute ist im Lüneburger Museum die Sonderausstellung: „Die Revue bei Bemerode- Festliche Inszenierung der Macht“ zu sehen.
Gestern Abend wurde die Ausstellung feierlich und im Kreise geladener Gäste mit begrüßenden Worten von Frau Professor Dr. Heike Düselder eröffnet. Anteilig berücksichtigt Lüneburg, das Militär und die Welfen.
Die große Leihgabe kommt aus dem Historischen Museum in Hannover, das zur Zeit saniert wird. Das Gemälde stammt aus dem Besitz des Erbprinzen Ernst August von Hannover, Herzog zu Braunschweig Lüneburg. Er selbst war mit seinem Bruder Prinz Heinrich von Hannover per Bahn nach Lüneburg zur Ausstellungseröffnung angereist.
Das zweiteilig gemalte Bild zeigt im Jahre 1735 eine Militärparade bei Bemerode
vor dem englischen König Georg II., der gleichzeitig Kurfürst von Hannover war.
In den Begleitworten von Erbprinz Ernst August wurde deutlich, daß er selbst das Gemälde sehr schätzt. So sagte er, daß es immer wieder beeindruckend wäre, ständig könnte man eine Vielzahl von Details neu entdecken.
In der Tat ist es die liebevolle Detail-genauigkeit, die sich von dem Heeres-aufmarsch bis in das Randgeschehen erstreckt; dort stehen neben Kutschen und Zelten die Zuschauer der Parade in Grüppchen, plaudern, tanzen und zechen miteinander. Das Bild beschäftigt sich mit dem Tage der Generalrevue, die am Samstag, den 25. Juni 1735 stattfand. Zu diesem Zwecke wurde die Infanterie in einem Treffen aufgestellt und die Kavallerie kam auf die Flügel der Aufstellung, im Vorbeimarsch das befindliche Dragoner-regiment von Wendt.
Das monumentale Panorama-Gemälde hat die stattlichen Ausmaße von 1,79 Metern Höhe und 8,08 Metern Breite und hängt jetzt, als wäre es dafür extra geschaffen, an einer wohl ausgewählten, räumlich trennenden Wand des Museums.
Bemerode, heute ein Stadtbezirk im südöstlichen Hannover, war 1735 noch ein Feld-, Wald- und Wiesengelände und in der Heide ein ideales Aufmarschgebiet für eine Militärparade, Revue genannt.
Vier Jahre benötigte der Hofmaler Johann Franz Lüders, um das Bild fertig zu stellen. Insgesamt sind über 2.500 Figuren dargestellt.
Laut Professor Dr. Heike Düselder ist „Die Revue bei Bemerode“ ein einzigartiges kulturgeschichtliches Dokument, das im Museum Lüneburg eingebettet wurde in eine Begleitausstellung, die den Blick auf die Geschichte Lüneburgs als Militärstandort und die Beziehungen von Stadt und Fürstentum zum Welfenhaus beleuchtet. Das monumentale Bild obliegt jetzt der sorgsamen Obhut des Museums und seiner genauen Bewachung. Mit Abstand ist es am besten zu betrachten.
Weitere Begleitworte richtete Christian von Estorff, Gutsherr auf Barnstedt an die geladenen Gäste:
So war Albrecht von Estorff (1766–1840) ein hannoverscher Generalleutnant.
Während des 18. und 19. Jahrhunderts dienten zahlreiche Angehörige des von Estorffschen Geschlechts als Offiziere in der herzoglich lüneburgischen bzw. königlich hannoverschen und Preußischen Armee.
Generalleutnant Albrecht von Estorff, Nachfahre des Burgmannen-Geschlechts vom Kalkberg, gründete als Oberstleutnant am 24. März 1813 zu Lüneburg das Estorffsche Husaren-Regiment, aus dem später das 2.Hannoversche Dragoner-Regiment Nr. 16 und ein Regiment Jäger zu Fuß hervorging und rief zum Befreiungs-kampf gegen die Franzosen auf.
Der Herr auf Barnstedt war es auch, der bei der Belagerung vor Paris im Juli 1815 die Porzellanfabrik Sévres wieder in Betrieb setzte. Der damalige Erstbrand stand noch lange Zeit bei Claus von Estorff auf Gut Barnstedt, wusste schon Helmut C. Pleß in Beiträgen zu Lüneburgs Militärgeschichte zu berichten. Die Museumsdirektorin lud nach Besichtigung und den Beiträgen dagegen zu einem Glas Sekt und zu Prinzen-Talern (Keksen aus der Prinzenrolle) ein.
Kantor Stefan Metzger Frey und Christiane Frey umrahmten musikalisch sehr gut und in die frühere Zeit passend die Eröffnungs-veranstaltung u.a. mit Georg Friedrich Händels Feuerwerksmusik
und dem „Prince of Denmarks March".
Kurfürst Georg August (1683-1760) bestieg 1727 als Georg II. den britischen Thron. Zwölf Mal besuchte er seine deutschen Erblande, und stets fanden aus diesem Anlass Festlichkeiten, Jagden und militärische Paraden („Revuen“) statt. Mit den alljährlichen Musterungen unterzog sich das Heer der Prüfung durch den Herrscher, stellte sich zugleich aber auch öffentlich zur Schau. Von weit her strömte das Volk zusammen, um diese glanzvollen Demonstrationen der Macht zu erleben.
Das Gemälde „Die Revue bei Bemerode“ zeigt den Höhepunkt und Abschluss der Musterung von 1735: den Vorbeimarsch vor dem König.
Es trägt ein in den Himmel geschriebenes Spruchband in der Mitte des Bildes mit folgendem Text:
„Abbildung der Munsterung von 10. Batt. und 15. Esqu. so den 25. July 1735 vor Sr. Königl. Mayst. von Gros. Britt. Georg dem Anderen bey Bemerode ohnweit Hannover gehalten ist?."
Sollte man die Signatur des Malers rechts oder links auf dem großartigen Bild vermissen, so hilft dazu ebenso die Beschreibung von Joachim Niemeyer:
Durch die 1983 erfolgte Restaurierung des Gemäldes war das Jahr der endgültigen Fertigstellung, 1739, wieder zu Tage getreten, ebenso wie die Signatur des Malers. Johann Franz Lüders (1695-1760), „kurfürstlich Hannoverscher Hofmaler und Hof-Decorateur", steht links von der Gruppe des Königs im grauen Rock mit dem Rücken zum Betrachter mit Stift und Zeichenblock, während ihm zwei Herren interessiert über die Schulter schauen. Auf diesem Zeichenblock ist unter der Kennzeichnung „Lüders fecit" die Zahl „1739" zu sehen.
Johann F. Lüders wurde 1695 als Sohn des Malermeisters Hans Lüders in Hamburg geboren und am 31. Juli 1695 in der Kirche St. Jacobi getauft. Beide Großväter entstammen alteingesessenen Hamburger Malerfamilien. Die früheste Erwähnung von J. F. Lüders in Hannover ist für 1734 nachweisbar, wo er mit 100 Rthl. angestellt ist. Zwei Jahre später wird er Nachfolger des verstorbenen Hofmalers Andreas Scheitz.
Das Bild ist die einzige erhaltene Darstellung einer solchen Parade und war für die Londoner Residenz Georgs II. bestimmt. Es muss schon im Jahre 1739 dorthin gelangt sein.
Auf Befehl des Königs kam das Revue-Gemälde von England in das Königreich Hannover zurück. Ausstellungsorte waren dann das kgl. Schloß zum Georgengarten, wo es im 1844 im Besitzverzeichnis zu finden war. Seit 1868 hing es in der Herrenhauser Gemäldegalerie im Fürstenhaus und wurde später auf die Marienburg überführt, wo es bis zur Ausleihe an das Wehrgeschichtliche Museum in Rastatt, seit 1984 öffentlich ausgestellt, verblieb. Ausnahme war eine kurze Ausstellung im „Victoria and Albert“-Museum in London im Jahre 1952. Dann in späterer Folge das schon genannte Historische Museum Hannover.
Und jetzt kann das monumentale Gemälde im Museum Lüneburg in der Sonderausstellung zu Lüneburg: „Militär und die Welfen“ betrachtet werden.
Text und Fotos: Hajo Boldt
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am 08.12.2023 um 22:07:39 Uhr