Nicole Naujoks fühlt sich abgeschnitten
von Carlo Eggeling am 26.11.2022Glockenhof kompliziert
Nicole Naujoks fühlt sich wie auf einer Insel, na ja einer Halbinsel: Ihr Laden "Only4Woman" liegt am Glockenhof. Der mutierte zu einer großen Baustelle, weil Arbeiter das Pflaster erneuern. Das versteht die 54-Jährige. Doch dass ihr Laden schwer zu erreichen ist, trifft sie heftig: "Stammkunden kommen noch, aber wer zum Einkaufsbummel in die Stadt kommt, der findet mich nicht." Bei der Stadt finde sie wenig Verständnis für ihre Lage -- und das gilt im Wortsinne. Im Rathaus sieht man es anders und verweist darauf, dass man der Geschäftsfrau entgegengekommen sei.
Die Lüneburgerin, die mit Dessous handelt, wunderte sich, ebenso wie viele Passanten, dass Arbeiter zwar Anfang des Monats Absperrungen aufstellten, aber niemand anfing zu arbeiten. Im Rathaus lautet die Erklärung so: "Die Baustelle wurde zu diesem Zeitpunkt bereits eingerichtet, allerdings wurden nur einzelne Schrankenzäune aufgestellt, um zum Beispiel die Baufahrzeuge abzusperren. Einzelne Elemente standen separat, sperrten jedoch keine Wege ab." Nicole Naujoks merkte allerdings, dass weniger Kunden kamen.
Als dann der Platz komplett abgeriegelt wurde, habe sie versucht, mit den Handwerkern zu sprechen: "Ich hatte gebeten, dass ich Schilder aufhängen darf, um zu sagen, dass es und wo es mich gibt. Das wurde abgelehnt mit der Begründung, ich würde dann kostenlos Werbung machen können." Auf einen Anruf in der Bauverwaltung passierte zu nächst nichts.
Nachdem es meine Presseanfrage gab, änderte sich das. Die Antwort aus dem Rathaus: "Das hatte die Firma, der die Bauzäune gehören, bisher untersagt. Wir haben hier mittlerweile erfolgreich vermitteln können, so dass die Ladeninhaberin das Schild anbringen darf."
Auch die Klage, dass sich niemand recht verantwortlich fühle und Reaktionen der Stadt auf sich warten ließen, weist man in der Verwaltung zurück: "Wir standen und stehen in Kontakt mit der Inhaberin und waren bereits zweimal zu Gesprächen vor Ort." Allerdings hatte die Kontaktaufnahme nicht den Erfolg, den sich die Geschäftsfrau wünschte: Es gibt eine Treppe, die von der Ladenzeile in Richtung Glockencafé und zu einem Podest führt. Sie findet, die könne man offenlassen, bis dieser Teil auch zur Baustelle werde. Das habe man aus Sicherheitsgründen abgelehnt und weil die Handwerker das Podest als Lagerfläche bräuchten. Bei einem Vor-Ort-Termin war das Podest leer.
Für Nicole Naujoks geht es um die Existenz: "Wir hatten Corona, da musste ich schließen. Wir hatten den Umbau des Glockencafés, eine lange Baustelle, und geht es weiter. Ich bin seit 19 Jahren hier, aber im Moment ist es nicht einfach." Sie kann den Umbau des Platzes nachvollziehen, wünscht sich aber mehr Verständnis für ihre Lage.
Solidarität der Kundinnen hilft sicher auch: Die Händlerin ist von der Bäckerstraße aus durch die Glockenhof-Passage zu erreichen.
Die Stadt hält ihre Lösung für gut: "Da lediglich der Durchgang durch den Glockenhof gesperrt wird und weder die Glockenstraße noch die Straßen Am Berge, Zollstraße oder die Bäckerstraße durch die Baumaßnahme beeinträchtigt werden, gab es hier keinen Anlass, „Umleitungen“ auszuschildern. Auch der Zugang zur öffentlichen Toilettenanlage sowie zum Bekleidungsgeschäft C & A ist während der gesamten Bauzeit möglich." Carlo Eggeling
Die Fotos zeigen die komplizierte Situation am Glockenhof und die Lage im Abseits.
Kommentare
am 26.11.2022 um 13:21:25 Uhr
Somit steht keine gewichtige Lobby hinter ihr.Gerade deshalb ist es bewundernswert dass sie nicht aufgibt.
am 26.11.2022 um 20:07:54 Uhr
am 02.12.2022 um 15:37:03 Uhr
Was das Theater angeht, stimme ich Stephan Maler zu. Sie ist keine große Kette, die hinter ihr steht.
Ich verstehe nicht, warum es so ein Problem ist ein Schild anhängen zu dürfen. Werbung hin oder her. Es gibt Idioten, die Wände besprühen und was nicht alles. Die bekommen ein Du, du und das war es. Aber ein Schild anbringen, was man selber ausdruckt, nicht mal aus Staatskasse gefordert, dass man überleben kann, wird erst mit viel Theater erlaubt. Also ehrlich. Da fällt mir nichts mehr zu ein!
Lüneburg ist mittlerweile einfach nur noch erbärmlich geworden. So leid es mir tut, dass sagen zu müssen und ich bin Lüneburger.
Also, Frau Naujocks halten sie durch. Auch dieses Theater werden Sie schaffen.