Meine Woche Was für ein Spaß
von Carlo Eggeling am 12.11.2022Also wenn schon Kartoffelpüree, dann doch bitte mit guter Butter, wie schon meine Oma es anrührte. Und Tomatensuppe nun wirklich nicht als Fertiggericht. Eine Frage des Stils, um damit beispielsweise auf Van Goghs Sonnenblumen zu werfen. Also nicht direkt, weil die Museumsleute mit Menschen rechnen, die für ein vermeintlich höheres Ziel außer Rand und Band geraten, also sichern sie die Schönheit hinter Plastikscheiben. Was auf jeden Fall gut ist.
Die Bilderstürmer glauben, sie seien die Letzte Generation. Das klingt anmaßend und theatralisch. Denn die Geschichte ist ja voll von Untergangsszenarien. In der Offenbarung des Johannes sieht es biblisch schlecht aus. Im Dreißigjährigen Krieg war für viele das Ende mehr als nahe, die beiden Weltkrieg des vergangenen Jahrhunderts samt der Atombomben in Japan rückten ein Fini sehr nahe. Was ist mit Waldsterben, dem deutschen Wort, das es ins Französische schaffte, mit der Anlandung der der Pershing-Raketen in Deutschland und der Sorge eines Atomkrieges nach dem Motto: "Wer als erster schießt, ist als zweiter tot"? Studentenproteste der 68er, der Friedensbewegung, der Kernkraftgegner. Jeder hatte seine Apokalypse im Blick.
Alle haben demonstriert und Straßen blockiert, die Welt ging davon so und so nicht unter. Wenn die Generation Pattex sich nun festklebt, ist das zwar unangenehm, aber nicht so einmalig. Der Aufschrei dagegen wiederholt sich. Gerade die Bild-Zeitung begleitet seit Apo-Zeiten alle Bewegten verlässlich -- und profitiert davon, weil Aufregen verlässlich funktioniert.
Es stellt sich eher eine inhaltliche Frage: Was soll das Klima-Kleben? Aufmerksamkeit? Welches Thema beherrscht die Diskussion weltweit mehr als die Erderwärmung? Wer sich gegen Kunst richtet, hat allerdings verstanden, dass er etwas Besonderes angreift. Daher ist es eher blöd -- denn Sympathie trägt das nicht ein. Der Schriftsteller Julian Barnes hat einen schönen Satz notiert: "Kunst ist das Flüstern der Geschichte, das durch den Lärm der Zeit zu hören ist." Wenn man es hören will -- und kann -- in seiner Gefangenheit.
Da das Große im Kleinen beginnt, möchte man auch in Wendisch Evern nicht abseits stehen habe ich gelesen. Da sollen zum Volkstrauertag statt eines Kranzes Stauden abgestellt werden. Das entspreche dem Zeitgeist, meint die Sozialdemokratin und stellvertretende Bürgermeisterin Heidemarie Apel-Schmelter. Pflanzen hätten im Anschluss an anderer Stelle des Dorfes eine Zukunft und schone Ressourcen. Nachhaltig gedenken. Wow. Das hat Witz. Worum ging es noch mal? Das Sterben in Kriegen?
Witz beweist auch Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch in ihren Interviews mit Landeszeitung und Lünepost anlässlich ihres einjährigen Jubiläums im Amt. Authentisch, um ein Zeitgeistwort zu bemühen, wirkt der Satz, den sie zum Personalzuwachs fand, den brauche die Verwaltung, um Aufgaben zu bewältigen. Ansonsten heiße es: "Keine Arme, keine Kekse."
Das klingt herzerfrischend für Behinderte, die wissen, dass es um einen Spaß aus den 70er Jahren und die Folgen von Contergan ging. Kinder, deren Mütter das Medikament genommen hatten, kamen mit Missbildungen zur Welt. Der Witz: Kind: "Mama, kann ich noch einen Keks haben? Bitte bitte, ich will so gern einen Keks haben!" Mutter: "Stell Dich auf den Stuhl und hol Dir einen. Die Kekse sind auf dem Schrank." Kind: "Aber Mama, Du ich habe doch keine Arme." Mutter: "Tja, das ist doof: keine Arme, keine Kekse!"
Lustig, dass Behinderten- und Seniorenbeirat, Organisationen wie Sozialverband und Paritätischer, wohl einen ähnlichen Humor wie die Verwaltungschefin besitzen. Nur eins fehlt. Wo bleibt der Hinweis auf das Rollenbild: tradiert; was ist mit dem Vater und seiner Carearbeit?
Ansonsten dürfen wir beeindruckt sein, unter der Regentschaft einer, nach eigenem Bild, "Managerin von drei Krisen" zu leben: Corona, Ukraine und Flüchtlinge, obendrauf der Klimawandel. Ja, das ist heftig. Da kommt man zu nix anderem. Auch wenn Corona schon zwei Jahre vorher begann und das Klima ständig kriselt. In anderen Städten wurde die übrige Verwaltungsarbeit selbstredend weitgehend eingestellt. Weiß doch jeder.
Frau Kalischs Nachfolger in Amelinghausen Christoph Palesch ist daher schlicht ein Glückspilz, denn mit Frau OB zogen alle Krisen um an die Ilmenau. Rund um den Lopausee läuft jetzt alles von selbst. Bürgermeister Palesch hat gerade auf seiner Facebook-Seite und in der Zeitung seine Jahresbilanz gezogen, trotz der bedrückenden Welt- und Kommunallage hat er offenbar einiges hinbekommen, was Krisen in vergangenen Jahren so gemein verhinderten, Fördermittel für das Waldbad eingesammelt, Feuerwehr, Kita-Ausbau und so weiter unterstützt und Neues angeschoben. Noch mal, das lag nur daran, dass die Krisen mitgewandert sind.
Der Verkehrsdezernent strampelt sich ab. Wer bietet sich in einer städtischen Pressemitteilung besser für ein Foto an, wenn das Projekt Stadtrad 25 Elektro-Lastenräder in den Pool aufnimmt, als Markus Moßmann, der in die Pedale steigt? Helm auf, los geht's. Am Rathaus und Marktplatz entlang. Dabei wäre es herausfordernd gewesen, Kurs auf die Hindenburgstraße zu nehmen. Lüneburgs im Moment umstrittenste Pedalo-Piste.
Angeblich seit 2017 zigmal abgesprochen, dass der bestens durch eine Baumreihe und Autos geschützte Velo-Pfad auf die Straße verlegt werden soll. Dazu lädt übrigens es eine gern genutzte Parallel-Piste am Liebesgrund ein, vor nicht allzu langer Zeit bestens hergerichtet und beleuchtet. Immerhin, so erklärte es Moßmann kürzlich im Rat hätten der ADFC und Lüneburgs allerhöchste Speichen-Instanz, Uni-Prof. Peter Pez, der Hindenburg-Linie zugestimmt. Mehr geht nicht. Allerdings sagt der Verkehrsexperte der Polizei, Andreas Dobslaw, seit 16 Jahren in dieser Position und Papst für diverse Verkehrsarten: "Nein."
Ich habe den Polizisten angerufen. Kurz: Der aktuelle Weg dürfte ziemlich sicher sein, die Polizei registrierte hat dort in den vergangenen Jahren kaum Unfälle, und wenn, dann ist jemand unglücklich etwa an einem Kantstein gestürzt. Zum Ablauf: Es habe erst jetzt und damit sehr spät einen Ortstermin gegeben, an dem es konkret wurde. Vorher seien in Gremien grundsätzliche Ideen debattiert worden. Dobslaw sagt, die Verkehrsbehörde der Stadt -- noch mal: die Verkehrsbehörde der Stadt -- habe die Umbaupläne abgelehnt, weil die Straße angesichts von 20 000 Autos pro Tag dafür zu eng sei. Aus "fachlicher Sicht" könne die Polizei dem Ganzen nicht zustimmen. Wer kein Fahrrad-Experte ist, könnte zum Schluss gelangen: Hier wird's gefährlich, gar nicht gut für Pedalos.
Im Rat machte ein "enttäuschter" Mobilitätsfachmann Moßmann sich Luft und sagte beinahe trotzig, die Polizei müsse auch gar nicht zustimmen. Klang wie Ätsch. Außerdem habe es keine Leserbriefe gegeben. Da scheint der mächtige Mann im Rathaus etwas nostalgisch: Es pulsierte seit geraumer Zeit etwas neben der Zeitung, dieses Internet. Da fand sich durchaus Contra. Lüneburger haben sich Moßmanns Mahnung zu Herzen genommen. Mehrere Leserbriefe. Ob das hilft?
Der Umbau soll Hunderttausende kosten, gleichzeitig geht die Rathausspitze von einem Defizit im Haushalt für das kommende Jahr von 40 Millionen Euro aus. Da soll überall gespart werden. Vielleicht fängt man an der Hindenburgstraße an.
Was soll's? Eigentlich ist das Leben heiter, immer: Wer viel lacht, hat im Alter freundlichere Falten. In diesem Sinne gutes Wochenende. Carlo Eggeling
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