Lüneburg, am Mittwoch den 25.12.2024

Lüneburger Geschichte verrottet im Kurpark

von Carlo Eggeling am 27.01.2023


Ein Stück Lüneburger Geschichte rottet im Kurpark vor sich hin. Im vergangenen März legte die Kurmittel GmbH das Gradierwerk still, im September pflückten Arbeiter den ohnehin löchrigen Reisig vom Gestell. Seitdem steht das unter Denkmalschutz stehende Bauwerk wie trauriges Gerippe da. Es gab diverse Erklärungen, warum erst einmal nichts passieren dürfte. Nun nimmt die SPD-Fraktion das Thema im Rat in den Fokus und will Druck machen. Ihr Antrag beginnt dramatisch: "Das Gradierwerk im Kurpark retten! Der Rat möge beschließen: Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit der Kurzentrum Lüneburg Kurmittel GmbH das seit März 2022 stillgelegte Gradierwerk im Kurpark zu erhalten und zeitnah zu sanieren."

Hiltrud Lotze will am Donnerstag kommender Woche Stellung nehmen -- wenn denn in der Ritterakademie darüber debattiert wird. Im Antrag heißt es weiter: "Wenn nicht bald erste Sanierungsschritte eingeleitet werden, wird auch das 'Skelett' des Gradierwerks nicht mehr zu retten sein und muss abgerissen werden. Damit droht eines der letzten Zeugnisse aus der Geschichte Lüneburgs als Sol- und Moorbad endgültig zu verschwinden."

Wie berichtet, zeichnet die Kurmittel GmbH für den Unterhalt des Gradierwerks verantwortlich, nachdem die Stadt den Solezerstäuber vor Jahren in deren Obhut übergeben hatte. Allerdings mit einem dicken Geschenk: Lüneburg hält aus historischen Gründen Anteile am Energieversorger Avacon. Der Erlös aus diesem Aktienpaket, mehr als sechs Millionen Euro im Jahr, fließt dem Spaßbad zu. Mit dem Geld sollen Eintrittspreise moderat gehalten werden. Alt-OB Ulrich Mädge, der sich in dieser Frage engagiert hat, hatte angemahnt, dass es möglich sein müsse, aus den Millionen über zwei Jahre gestreckt die Sanierung des Gradierwerks zu finanzieren. Die Kosten werden auf ein 500 000 bis 700 000 Euro geschätzt. Alle zwölf bis zwanzig Jahre stehe eine Überholung an, die sind reichlich vorbei, 2001 gab es die letzte Überholung. Es sei also absehbar gewesen, was nun anstehe.

SaLü-Geschäftsführer Dirk Günther argumentiert anders. Schon im Herbst hatte er erklärt: "Mit dem Gradierwerk verdiene ich keinen Euro." Die Lage für das Bad sei aufgrund der Corona-Jahre angespannt, Pools, Saunen und Jobs zu sichern habe Vorrang. Aktuell sagt der Chef: "An der Einschätzung hat sich nichts geändert."

Kommende Woche sei er einer Firma und deren Architekt verabredet, um die Lage noch einmal genau zu analysieren und zu sehen, wie es weitergehen könne: "Wir sind im Hintergrund mit Stadt und Denkmalpflege im Gespräch. Wenn das Geld da ist, können wir starten." Nur eben nicht mit Geld aus der Schatulle der Badelandschaft.

Die SPD hält dagegen. "Der Kurparkverein mit seinem Vorsitzenden Christian Schimmelpfennig will Spenden sammeln", sagt Hiltrud Lotze, die dort Mitglied ist. "Aber der Verein kann nicht eine halbe Million einsammeln." Die Kurmittel GmbH Habe eine Verpflichtung, die sie nicht erfülle, auch aufgrund des Denkmalschutzes. Sie, Lotze, habe mit einem befreundeten Architekten gesprochen, der die Restaurierung zig alter Häuser betreut hat. Der habe große Sorge, dass die Konstruktion großen Schaden nehme, wenn nicht schnell gehandelt werden: "Das Holz muss immer feucht gehalten werden, sonst wird der Zustand nicht besser."

Nun ist die Politik gefragt. Die Kurmittel GmbH ist Teil der städtischen Gesundheitsholding.

Zum Hintergrund: Der Kurpark wurde 1907 eröffnet, das Gradierwerk wurde 1927 eingeweiht. Carlo Eggeling

Die Fotos zeigen die 75 000 Euro Entsorgung des Reisigs im Herbst, Geschäftsführer Dirk Günther und historische Aufnahmen des Kurparks, die das Stadtarchiv zur Verfügung gestellt hat.


© Fotos: ca/Stadtarchiv


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