LoCarlo: Eine kritische Abstimmung zum Outlet Center von Roy Robson
von Winfried Machel am 23.05.2022Die Politik blickt skeptisch auf Erweiterungspläne von Roy Robson und erlässt eine Veränderungssperre für den Bereich. Die Grünen sehen das anders. Warum? Und welche Rolle spielt eine Anzeige aus dem Wahlkampf?
Verträgt Lüneburg ein im Vergleich zu anderen Orten kleines Outlet Center oder ist es eine Konkurrenz für die Geschäfte in der Innenstadt? Roy Robson möchte seinen Fabrikverkauf an der Bleckeder Landstraße erweitern, in dem es auch zusätzliche Marken gibt. Dafür müsste der Bebauungsplan geändert werden. Darum ging es kürzlich im Stadtrat -- mit einer bemerkenswerten Abstimmung. Während alle Fraktionen einer sogenannten Veränderungssperre im Bereich Bleckeder Landstraße und am Schützenplatz zustimmten, votierten die Grünen anders: Laut Pressestelle im Rathaus enthielten sich fünf Grüne, vier stimmten gegen die Veränderungssperre, Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch stimmte dem Vorschlag ihrer Verwaltung zu.
CDU-Ratsherr Eckhard Pols will das Ganze zum Thema in seiner Fraktion machen. Er sagt: "Es ist ein Spagat, einerseits sind Roy Robson und die Familie Westermann ein guter Steuerzahler und Arbeitgeber, der sich entwickeln muss, andererseits pumpen wir viel Geld in die Innenstadt, um sie zu beleben, und dann entsteht an der Bleckeder Landstraße eine große Konkurrenz." Ihn verwundert die Haltung der Grünen: "In der Vergangenheit haben die das kritisch gesehen."
Pols ist nicht der einzige aus der Politik, der sich an den OB-Wahlkampf erinnert. Unmittelbar vor der Stichwahl zwischen dem parteilosen Heiko Meyer und der Grünen Kalisch fand sich am 25. September 2021 in der Lünepost eine zweiseitige Anzeige. Vier Unternehmer wiesen dort auf die Wirtschaftskompetenz der OB-Kandidatin hin, einer von ihnen: Heiko Westermann.
Kandidatin Kalisch stellt dem Firmenchef drei Fragen, was eine Oberbürgermeisterin mitbringen müsse. Westermann sieht eine Menge Kompetenz bei der Grünen. Ein Auszug: "Für die schwierigen politischen Mehrheiten im kommenden Stadtrat wären Sie sicherlich eine gute Vermittlerin, um mit Weitblick und Empathie tragfähige Lösungen auszuarbeiten. Als Frau haben Sie auch noch einmal einen anderen Blick auf unsere Stadt – es gilt nun, diese Perspektive in die Politik der Zukunft mit einzubinden." Auch wünscht sich der Gesellschafter des Bekleidungshauses, "neuen Unternehmen Anreize für eine Ansiedlung zu geben. Geht es der kommunalen Industrie gut, dann geht es auch den Bürgern unserer Stadt gut." Da klingt mit, bereits vorhandene Firmen, müssen sich entwickeln können.
Pols fragt sich, ob ein Zusammenhang zwischen der Haltung der Grünen und der Unterstützung im Wahlkampf bestehen könnte.
Ulrich Blanck weist das zurück. "So etwas war ja zu erwarten", sagt der Fraktionschef der Grünen im Rat. "Worin soll ein Interessenskonflikt bestehen? Blödsinn!" Die Anzeige hätten die Grünen selber bezahlt, das Geld sei aus dem Landesverband geflossen: "Wir haben keine Zuwendungen aus der Wirtschaft erhalten. Das können wir belegen." Westermann habe Kalisch unterstützt, "weil er sie für kompetenter als Meyer hielt. Er hat sich an uns gewandt." Überdies habe sich die Oberbürgermeisterin "bei der Abstimmung hinter ihre Verwaltung gestellt, wie auch unsere Mitglieder im Bauausschuss".
Die Grünen hätten unterschiedliche Positionen zu diesem Thema. Blanck selber beschreibt seine persönliche Haltung so: Es könne nicht sein, dass einem erfolgreichen Unternehmen für zwei Jahre Entwicklungsmöglichkeiten genommen werden. Dazu muss man sagen, dass es der im Rat gefasst Beschluss zulässt, Ausnahmen zu gestatten.
Blanck sieht auch nicht die große befürchtete Konkurrenz für die Innenstadt. "Es ist kein Facotry Outlet Center, die haben im Durchschnitt 19 000 Quadratmeter Fläche. Westermann hat rund 2000 und möchte 600 bis 800 mehr." Insofern hinke der Vergleich beispielsweise mit Soltau. "Als Lüneburger oder beispielsweise Adendorfer, weiß ich, was ich dort bekomme." Aber all diese Fragen sollten in einem offenen und transparenten Verfahren geklärt werden.
Kritiker dieser Haltung verweisen auf Blancks Parteifreund Christian Meyer. Der hatte vor fünf Jahren als grüner Landwirtschaftsminister in Hannover gegen eine Erweiterung in Soltau gestritten. Ende 2017 hieß es in einer Mitteilung seines Hauses: "Eine Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten vor den Toren einer Stadt schwächt nicht nur die Innenstädte und deren Einzelhandel, sondern hat auch negative Folgen für Umwelt, Verkehr und Flächenverbrauch. " Wie gesagt, für Blanck der falsche Vergleich.
Der "Werksverkauf" verkauft nicht nur Roy-Robson-Produkte. Auf der eigenen Internetseite finden sich 22 Marken, darunter auch Fraas und Brax, deren Filialen in der Innenstadt geschlossen wurden.
Im Zusammenhang mit der möglichen Erweiterung spielte bei der Recherche auch das ehemalige Schützenhaus eine Rolle, in dem sitzen das Godehus und ö-com, "der Ökobaumarkt, Fachhandel für ökologische Baustoffe, Bautechnik und Baubiologie". Chef Kurt Kessel war in der Anzeige einer der weiteren Gesprächspartner Claudia Kalischs. Gerüchte besagen, auch hier sei eine Erweiterung des Fabrikverkaufs denkbar.
Dem tritt Erwin Rose entgegen. Der Schatzmeister der Allgemeinen Schützengesellschaft sagt: "Wir nutzen unseren Schießstand weiter und die Mietverträge laufen weiter." Über einen Verkauf würden die Schützen vielleicht nachdenken, wenn ihnen jemand einen Neubau hinstelle: "Das sehe ich nicht, und wir haben dort als Immobilie ein Sahnestück." Auch wenn von den 159 Mitgliedern nur zehn Prozent auf den Schießbahnen aktiv seien, erlebe das Schießen einen Zulauf. Von den 74 Bogenschützen, ein Drittel davon Kinder und Jugendliche, fangen manche an, auch zum Gewehr zu greifen. Und einen neuen Trend gebe es auch, dem man sich widmen wolle: Blasrohrschießen. Carlo Eggeling
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