Klosterleben
von Carlo Eggeling am 29.04.2023Lüneburger Gesichter (47)
In einer lockeren Reihe stelle ich unbekannte Bekannte vor
Pfarrerin, Managerin, Äbtissin
Amélie Gräfin zu Dohna leitet das Kloster Lüne. Tradition und Moderne verbinden sich
Wenn man im Kreuzgang steht, in der Stille nur das endlose Plätschern des Brunnens der Eingangshalle hört, das Sonnenlicht durch die Fenster auf den roten Platten zu Besuch kommt, spürt man, wie Geist und Geistlichkeit sich im Kloster Lüne über Jahrhunderte ein Zuhause gefunden haben. Hier gilt das neuerdings so strapazierte Wort Spiritualität. Ohne Blabla und Schnörkel. Wer einzieht, tritt in ein Erbe ein, das mehr als 850 Jahre zurückreicht. Aber er stellt sich auch der Moderne. So wie Amélie Gräfin zu Dohna.
Sie lebt zwar schon seit Mitte Januar im ehemaligen Kloster der Benediktinerinnern, doch am Montag, 1. Mai, 15 Uhr führt Landesbischof Ralf Meister die gelernte Pastorin mit geladenen Gästen offiziell in ihr Amt als Äbtissin ein. Sie tritt die Nachfolge von Reinhild Freifrau von der Goltz an, die das Haus seit 2008 leitete. Lüne ist ein evangelisches Damenstift.
Es reize "enorm, mit 60 noch einmal eine ganz neue Aufgabe anzugehen. Es ist eine Perspektive über das Rentenalter hinaus", sagt sie. Der Konvent, also die Gemeinschaft der in Lüne lebenden Frauen, "hat mich für zehn Jahre gewählt". Neben dem geistlichen Leben hat sie Managementaufgaben übernommen, das Leben im Kloster ist bei aller Zurückgezogenheit ein öffentliches.
Kloster bedeutet ein Unternehmen zu führen: Zum Ensemble gehören Mietwohnungen, ein Museum mit erlesenen Teppichen, einst von Nonnen gewebt, eine Restaurationswerkstatt, ein Café, dazu Führungen, ein Laden und, wenn man so will, auch ein Seminarbetrieb, denn das Kloster öffnet seine Räume für Gäste. Selbstverständlich fühlt sich der Konvent der Kunst und Kultur verbunden, so freut sich Amélie von Dohna auf eine Veranstaltung des Lüneburger Literaturbüros Ende Mai, drei Stipendiaten kommen mit Musikern in das Haus am Rand der Stadt.
"Ich habe das Gefühl, es sind ständig Herausforderungen da", sagt sie. "Jeden Tag." In der Kirche müsse das Taufbecken restauriert werden. Das sei gotisch, der Unterbau barock. Gespräche mit Fachleuten und der Gemeinde Lüne, die die Kirche ebenfalls nutzt. Der Äbtissin ist eine gute Nachbarschaft wichtig, mit Lüne, mit der Stadt, aber auch ökumenisch. So nutzte an ihrem zweiten Tag im Haus der Diözisanrat des Bistums Hildesheim die Gastfreundschaft samt einer Videoübertragung aus dem Vatikan.
Eine Menge Neues, ein Menge Arbeit. Ihre Vorgängerin habe ihr Ankommen unterstützt: "Wir verstehen uns gut." Teamwork. In der Gemeinschaft der zehn Damen in Lüne übernimmt jede Aufgaben von Führungen bis zur Betreuung der Internetseite. Der Äbtissin ist es wichtig, neben aller Öffentlichkeit ein Miteinander zuhaben, das hinter geschlossenen Türen passiere, beispielweise bei Andachten.
Es gab Jahre, in denen das Kloster "Nachwuchs" suchte; vorbei. Die Nachfrage sei hoch, die Wohnungen aktuell belegt. Trotzdem nehme man Damen auf, die zum Probewohnen kommen. Es muss passen -- für beide Seiten. Wenn nicht in Lüne, dann in einem der anderen Heideklöster. Aus den sechs Häusern, neben Lüne, Ebstorf, Isenhagen, Medingen, Walsrode und Wienhausen kommen am Montag Äbtissinnen zur Amtseinführung. Dann ist noch einmal der Hauch einer alten Zeit zu spüren. Carlo Eggeling
++++++++ Hintergrund ++++++++++
Zur Person:
Amélie Gräfin zu Dohna möchte für das Kloster Lüne den geistlichen Schwerpunkt ausbauen. Die 60-Jährige kennt sich im Raum Lüneburg gut aus. Bereits in der Zeit ihres Vikariates war sie in der Kirchengemeinde Embsen tätig. Anschließend übernahm sie eine Pfarrstelle der Michaelskirchengemeinde in Faßberg in der Südheide. Ab 2011 war sie in der Stephanusgemeinde in Göttingen als Pastorin tätig und wechselte dann ins Haus kirchlicher Dienste Hannover, wo sie ihren Schwerpunkt als Referentin für Kirche im Tourismus setzte und Fortbildungen zur Pilgerbegleiterin und Kirchenführerin durchführte.
Seit 2022 ist sie außerdem Konventsmitglied im Kloster Loccum. Des Weiteren ist sie Delegierte der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Niedersachsen (ACKN) sowie Mentorin in der Prädikantenausbildung der Hannoverschen Landeskirche. Prädikaten sind Laienprediger
Klosterkammer Hannover
Die Klosterkammer Hannover ist eine öffentliche Einrichtung, die das Vermögen von vier öffentlich-rechtlichen Stiftungen verwaltet. Die Stiftungen sind aus ehemals kirchlichem Vermögen entstanden. Aus den Erträgen unterhält die Klosterkammer mehr als 800 Gebäude, viele davon sind denkmalgeschützt, und rund 12.000 Kunstobjekte. Weitere Mittel aus den Erträgen in Höhe von rund zweieinhalb Millionen Euro stellt sie pro Jahr für kirchliche, soziale und bildungsbezogene Maßnahmen zur Verfügung. Darüber hinaus betreut und unterstützt die Klosterkammer fünfzehn heute noch belebte evangelische Frauenklöster und Damenstifte in Niedersachsen, dazu gehört auch das Kloster Lüne.
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