Eine unendliche Geschichte
von Carlo Eggeling am 12.09.2024Die Ahnengalerie auf dem Dezernentenflur des Rathauses ist nicht vollständig, ein Bild von Alt-Oberbürgermeister Ulrich Mädge fehlt. Warum? Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen, es ist wie öfter mal, wenn es um den Ende 2021 aus dem Amt geschiedenen OB und die Verwaltungsspitze um Claudia Kalisch geht, es erinnert an das Spiel Schwarzer Peter.
Im Gang zum Ochsenmarkt reihen sich Verwaltungschefs, also Oberbürgermeister und Oberstadtdirektoren, bildlich aneinander. Der Brauch: Scheidet ein Chef aus, bleibt sein Antlitz erhalten. Bislang ließen sich Mädges Vorgänger malen, er selber wollte nach Lübecker Vorbild ein Foto. In Zeiten von Selfies schienen manchen die Kosten von rund 10 000 Euro zu hoch. Gleichwohl bedeutet ein Fotogemälde mehr: Kunst. Welches Motiv, welche Inszenierung, wo? Licht, Assistenten, Bildbearbeitung.
Getan hat sich in der Sache wenig. Auf eine Anfrage teilt die Verwaltung den Stand von Anfang des Jahres mit: Der Verwaltungsausschuss habe Ende Januar eine Entscheidung gefällt: "Demnach soll jeweils die Person, die gewürdigt werden soll, einen Vorschlag nach ihren Vorstellungen und damit auch einen Kostenvoranschlag abgeben. Dabei ist freigestellt, ob ein Foto oder ein Gemälde angefertigt werden soll. Künftige Bildnisse sollen sich am Erscheinungsbild der vorhandenen Bildnisse orientieren. Der VA trifft dann jeweils Einzelfallentscheidungen, wie mit dem Vorschlag umgegangen wird."
Wörtlich: "Den Beschluss hat die Stadt Herrn Mädge mitgeteilt, seitdem aber zu diesem Thema nichts von ihm gehört. Der Verwaltung ist natürlich daran gelegen, dass er nach 30 Jahren als Oberbürgermeister seinen verdienten Platz in der Riege der bisherigen Würdigungen erhält."
Mädge -- wen wundert's -- schildert die Sache anders. Aus dem Rathaus sei zu nächst eine Mail aus dem Büro der Oberbürgermeisterin gekommen: "Ich möge doch Angebote einholen, nicht die Stadt, die ja die Ehrung vornehmen will." Zudem habe er den Namen der Künstlerin doch genannt. Daraufhin habe er mit Sozial- und Kulturdezernent Florian Forster gesprochen. Der habe die Idee gehabt, "ein digitales Porträt zu erstellen und die Galerie ins Archiv zu geben". Erinnerungen sollten dann "digital" möglich sein, etwa über einen QR-Code. Seitdem sei nichts mehr geschehen.
Mädge verweist auf eine Stellungnahme des Bürgervereins: Die Bilder verdienter Lüneburger sollten öffentlich zugänglich gemacht werden. Etwa an dem Eingang, durch den Touristengruppen das Rathaus für Besichtigungen betreten.
Vereinsvorsitzender Rüdiger Schulz sagt, er sich an Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch gewandt, die wiederum habe geantwortet: "Das würde den Publikumsverkehr stören." Der Vorsitzende findet eine Mischung gut: Gemälde und digital. Schulz geht einen Schritt weiter, schlägt eine besondere Führung vor: "Dann sollte man das ganze Rathaus digital erkunden können, so wie in Hamburg, da kann man virtuell durchlaufen."
Am Ende bleibt: Mädge hat das Rathaus vor rund drei Jahren verlassen, die bildliche Anerkennung für 30 Jahre als OB steht aus. Weder die Oberbürgermeisterin greift ein, noch scheint Mädge sich von seiner Position zu bewegen. Wirkt jeweils stur. Mädge sagt sarkastisch, 2026 stünden die OB-Wahlen an, er setze in dieser Frage auf das nächste Stadtoberhaupt. Carlo Eggeling
Das Foto zeigt den Flur mit den Gemälden. Quelle: Stadt Lüneburg
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