Ein Mann mit Ecken und Kanten — ein Leben für die Feuerwehr
von Carlo Eggeling am 09.12.2023Es war eine Liebe, die ein Leben lang hielt; mit 16 Jahren trat Bernd Bockelmann in die Feuerwehr ein, er engagierte sich, war sechs Jahre lang Stadtbrandmeister, bis jetzt gehörte er zu den Mitgliedern der Altersabteilung. Feuerwehr war für ihn mehr als Retten – Löschen – Bergen – Schützen, sie war auch ein Zuhause, die Gemeinschaft mit Kameraden. Jetzt ist er im Alter von 77 Jahren gestorben -- Trauer bei den Lüneburger Brandbekämpfern.
Anfang der 1990er Jahre war Bernd Bockelmann Ortsbrandmeister in der Mitte, Christian Raab Stadtbrandmeister, Zeiten, in denen die Feuerwehr um ihre Anliegen kämpfen musste. Eine sogenannte Dritte Drehleiter sollte her, um die Sicherheit der Stadt zu gewährleisten. Wie immer klimperte die Kasse des Rathauses nicht gerade übervoll. Zudem hatte man länger kein Geld in die Erneuerung des Fuhrparks gesteckt. Es dauerte, die Politik zu überzeugen zu investieren.
Damals saß die Wehr noch in der Kaufhausstraße, die größer werdenden Autos passten nur knapp in die Garagen, alles musste gut verstaut werden. Bernd lebte mit seiner Familie "im Haus". Der Ton war rau und herzlich. Wenn Artikel nicht gefielen, setzte es beim nächsten Mal eine Ansage. Knurrig, aber freundlich und erklärend -- so habe ich Bernd, aber auch andere erlebt.
Als Christian Raab 1995 aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, übernahm Bernd Bockelmann das Amt des Stadtbrandmeisters. Er war der Erste, dem die Stadt dafür eine halbe Stelle zubilligte -- morgens arbeitete er bei der Straßenbauverwaltung, danach in der Wache. Politik und Verwaltung verstanden, die wachsende Stadt benötigt eine Wehr, die neben Gerätewarten eine administrative Führung bekommt.
Der gelernte Modelltischler kennt die Wehr aus dem eff eff. Er war nicht nur "Löschknecht", er leitet von 1969 bis 1977 die Jugendfeuerwehr, er bildet von 1980 an zehn Jahre lang Kameraden in Stadt und Kreis aus, wird zum Gruppen- und Zugführer gewählt, zum Orts- und schließlich zum Stadtbrandmeister. Er gilt als kompetent und streitbar. Als einer mit Ecken und Kanten, das macht es nicht immer einfach mit Politik, Verwaltung und den Brandbekämpfern auf Kreisebene. Gleichwohl: In den eigenen Reihen schätzen sie ihn, er hat das Miteinander der vier Löschzüge in der Mitte im Blick.
Anfang der 90er Jahre geht es darum, die Feuerwehr neu aufzustellen. Die drei Südstaaten, also die Wehren in Häcklingen, Oedeme und Rettmer sollen unter einem Dach agieren. Der Süden fühlt sich nicht immer respektiert, es gibt keine neuen Autos, weniger Alarmierungen. Nicht einfach für die stolzen Feuerwehrleute, die in den Ortsteilen eigene Häuser regieren.
Nach her und hin klappt es 1994 mit einer kleinen Wache Süd in Rettmer. Als 1996 der Übungsplatz mit dem Eisenbahnwaggon gebaut wird, packt Bernd mit an, um alles herzurichten. In der Wache Mitte erinnert ein Bild daran, wie er mit Zollstock und Wasserwaage dabei war, die Schienen zu verlegen. Später unter seinem Nachfolger Matthias Kleps wuchs die "Außenstelle" um mehr Garagen und ein Gebäude für die Helfer. Inzwischen ist der Süden mit der eigenen Wache aus dem Brandschutzkonzept der Stadt gar nicht mehr wegzudenken.
Bernd hat zig Einsätze absolviert, Unfälle, feststeckende Fahrstühle, Feuer. Einer "seiner" größten Brände ereignet sich 1999 bei Johnson Controls, heute Yanfeng an der Lüner Rennbahn. Eine Produktionshalle steht in Flammen, die Helfer schicken alles, was sie haben, es dauert, bis sie die Lage unter Kontrolle bekommen. Der damalige Werkleiter Werner Pertek immer mittenmang, er schafft es, die Produktion in die umliegenden Gebäude zu verlagern, sodass die Belegschaft binnen eines Tages eingeschränkt weiterarbeiten kann.
Entspannung fand Bernd mit seiner Familie im Kleingarten. Oft stand sein Dienstwagen am Ochtmisser Kirchsteig. Wenn der Alarm ging, sauste er aus der Laube los. Wie man das macht, wenn man mit Leib und Seele Feuerwehrmann ist. Es gibt eine Anekdote aus diesen Tagen: Einsatz für Bockelmann, am Ochtmisser Kirchsteig. Als an der Straße steht, sieht er, was brennt: sein feuerroter Dienst-Golf. Schock und später ein gern erzählter Witz.
2001 ist Schluss an der Spitze, das Ortskommando setzt bei der anstehenden Wahl auf den inzwischen verstorbenen Matthias Kleps, der aus dem Süden kommt.
Doch Bernd bleibt der Feuerwehr verbunden. Beim aktiven Dienst schaltet er herrunter, etwas später in der Altersabteilung ist er gern gesehen und beliebt, sagt Dietrich "Joseph" Heyden, ehemaliger Ortsbrandmeister Mitte. Nun das Ende mit 77 Jahren. Bernd, gesundheitlich etwas angeschlagen, hat vielleicht einen Tod gefunden, der zu seinem Leben passt. Er soll ein Treffen der Altersabteilung besucht haben. Als er wieder zu Hause ankam, ging sein Leben zu Ende.
In der Feuerwehrgeschichte hat er seinen Platz. Lüneburg kann solche wie ihn gut gebrauchen. Kritisch, aber mit einem großen Herzen für die Aufgabe, die man sich stellt. Carlo Eggeling
Die Fotos stellt Feuerwehrsprecher Daniel Roemer zur Verfügung. Die Schautafel hängt in der Wache Mitte.
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