Lüneburg, am Montag den 25.11.2024

Drei Prinzen wollen Majestät werden

von Carlo Eggeling am 08.02.2023


Sie glaubten, schon weiter zu sein. Schwul, lesbisch, trans und andere Identitäten und Orientierungen schienen nichts so Besonderes mehr zu sein. Doch nun ist wieder oft von Übergriffen zu lesen, bundesweit: Die queere Community fühlt sich oftmals nicht mehr sicher. Für drei Thronanwärter ist also klar: Anderssein muss wieder als normal angesehen werden. Das Trio bewirbt sich um die Nachfolge als Majestät. Am Sonnabend wählt die Gemeinschaft den Schwulen Heidekönig. Es bewerben sich Oliver Hering, Heiner Jahnke und Alexander Tesmer.

Im Jahr 2000 begann die Monarchie mit dem inzwischen verstorbenen Leo Baum, das Leben und Corona machten den jährlichen Wechsel des Zepters schwierig, so steht nun zum 18. Mal eine Kür an. Vergangenes Jahr ließ die Seuche nur eine Online-Veranstaltung zu, nachdem das Virus einiges an Schrecken verloren hat, kann das Volk dem Adel wieder näher kommen. Gefeiert wird an zwei Orten.

Einig sind sich die drei Kandidaten, dass sie gegen Homophobie auftreten und queeres Leben vertreten wollen. Alexander Tesmer ist mit 45 Jahren der Älteste in der Runde. Der Verwaltungsbeamte möchte sich für Toleranz einsetzen. Er sagt: In vielen Ländern werde Homosexualität unter anderem aus religiösen und kulturellen Gründen abgelehnt. Er nennt als Beispiel den Iran, in dem Schwule nicht frei leben könnten. Er findet, dass Zugewanderte akzeptieren müssen, dass hier jeder seinen Neigungen nachgehen kann. Eben dafür will er werben. Auch mit dem Mosaique, dort gibt es es viele Angebote für Menschen aus aller Welt, möchte er kooperieren.

Als Format für Debatten sieht der in Scharnebeck aufgewachsene Aspirant unter anderem Talkrunden, wie sie die Vorgänger Ben Rejmann und Isabell Ankauf von Gold, alsias Eike Kuhse, veranstaltet haben. Aber neben ernsten Themen geht es ihm wie den beiden anderen auch um Spaß, etwa bei Partys und Touren zu CSDs. Christopher Streetdays sind Feste und Demonstrationen der queeren Gemeinschaft.

Oliver Hering lebt seit zwei Jahren in Lüneburg. Der Bäckereifachverkäufer ist auf den Kanälen der Sozialen Medien unterwegs, wirbt da für die Anliegen der Szene: "Wer Angst vor Homosexuellen hat, dem fehlt es an Wissen." Also klärt der Lockenkopf aus dem Schwarzwald auf, sachlich und schräg. Habe er Hasskommentare unter seien Posts, versuche er, sachlich zu antworten: "Bei der Hälfte der Leute geht das." Deshalb setzt der 33-Jährige aufs persönliche Gespräch. Das gehe besonders gut bei "Heideblüten- und Kirschblütenfesten".

Heiner Jahnke ist der Jüngste, 22 Jahre alt. Der gelernte Zimmermann lebt -- durch die Verbindung zu seiner Schwester -- halb in Lüneburg, halb in Kiel. Ihm geht es um "queere Vielfalt im Handwerk". Dort seien gerade unter älteren Kollegen Klischees verbreitet wie Schwule werden Friseur oder Florist. Die gebe es auch, aber eben auch Zimmerleute schwul oder lesbisch, denn längst wuppen auch Frauen auf dem Bau.

Er glaubt, dass die gespürte und erlebte Ablehnung krankmachen kann -- Depressionen und Burnout, weil man meine, sich verstellen zu müssen, um in einer scheinbar männlichen Gesellschaft zu bestehen. Dazu komme fehlende Unterstützung etwa aus der Familie, denn für manchen sei es noch immer schambesetzt, wenn das Kind anders liebt. Auch er wünscht sich Diskussionsabende wie bei dem abdankenden Spitzenpaar.

Maßgeblich organisieren die Wahl wieder Dirk Ahrens mit seinen Freunden. Er selber war König, auch etwas länger, und weil er alle betreut, heißt er Queen Mum. Dirk erklärt den Ablauf: Am Sonnabend, 11. Februar, geht es um 18 Uhr im Marcus-Heinemann-Saal des Museums am Wandrahm los. Schon vorher trudeln andere Majestäten wie Heidekönigin und Heidebock aus Amelinghausen ein. Dann beginnt eine Vorstellungsrunde mit Spielen, um 20.30 Uhr rechnen die Veranstalter mit der Krönung. Im Anschluss, so gegen 21.30/22 Uhr wird dann im Straw-Keller des September Auf dem Kauf richtig gefeiert -- Partylaune. Um alles zu finanzieren, müssen die Gäste Eintritt im Museum und bei der Party zahlen. Carlo Eggeling

© Fotos: Ahrens


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