Drei Häuser unbewohnbar, Millionen-Schaden
von Carlo Eggeling am 18.08.2024
Die Geistesgegenwart und das schnelle Handeln eines Feuerwehrmannes retteten das Leben des Mieters: Der Brandbekämpfer hatte ein Sprungpolster hinter dem Haus auf dem Hof so aufgestellt, dass der Mann aus dem obersten Geschoss in die Tiefe springen konnte, geschätzt zwölf bis fünfzehn Meter. Er erlitt lediglich eine Blessur am Bein. Ein weiterer Mieter konnte aus der Wohnung fliehen. Das sind zwei der glücklichen Schicksale, von denen Feuerwehr und Polizei nach dem verheerenden Brand an der Reichbachstraße am Sonntagmorgen berichten. Doch es gibt auch eine traurige Geschichte: Ein 27-Jähriger entkam dem Brand nicht, die Helfer fanden ihn tot in der Wohnung.
Warum das Feuer ausbrach ist noch unklar, es gebe erste Vermutungen, hieß es vor Ort. Ziemlich sicher ist sich Polizeisprecher Kai Richter: "Vorsatz können wir zum jetzigen Zeitpunkt weitgehend ausschließen." Bleibt ein Unfall oder ein technischer Defekt, eben das sollen nun Experten ermitteln. Den Sachschaden schätzen die Ermittler auf weit mehr als zwei Millionen Euro.
Wie berichtet, läuft der Alarm gegen 4.45 Uhr bei Polizei und Feuerwehr auf: Dachstuhlbrand. Der breitet sich rasend schnell aus -- Feuerschein und dicker Qualm sind bis zum Kreideberg zu sehen. Flammen fressen sich in die Nachbardächer. Vollalarm für die vier Lüneburger Feuerwehren, 120 Helfer rücken an, das reicht nicht: Bardowick unterstützt mit zwei Zügen, 90 Kollegen und einer Drehleiter. Gellersen schickt 40 Kameraden, die den Brandschutz in der Stadt sicherstellen -- es könnte ja parallel noch etwas passieren. Dazu kommen zwei Dutzend Kräfte des Rettungsdienstes. Die Reichenbachstraße -- ein Einsatzlager.
Einsatzleiter Max Eggeling und seine Führungscrew wollen verhindern, dass die ganze Häuserreihe in Flammen aufgeht. Also Wasser auf die Dächer, die drei Lüneburger Drehleitern stehen an der Reichenbachstraße. Die Bardowicker platzieren ihre Drehleiter in der engen Baumstraße, um von hinten zu unterstützen, es ist Zentimeterarbeit. Denn die Innenhöfe schmiegen sich eng und verwinkelt aneinander, die Frauen und Männer kommen zum Löschen kaum an die kritischen Gebäude. Endlich der Arm ist ausgefahren -- über die Dächer hinweg schießt Wasser auf das Dachgerippe an der Reichenbachstraße.
Kreisbrandmeister Matthias Lanius macht sich ein Bild, Ordnungsdezernent Markus Moßmann und Ordnungsamtsleiter Dennis Lauterschlag ebenfalls. Die Stadt organisiert im Fall der Fälle Notunterkünfte. Am Ende kämpfen rund 300 Kräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Notfallseelsorge mit den Folgen des Feuers.
Das THW schickt Bausachverständige. Deren Ergebnis: Ein Teil der Häuser ist mit Lehmwänden gebaut, die können sich voll Löschwasser saugen -- ein gewaltiges Gewicht, Decken und Wände könnten einbrechen. Die Polizei sperrt drei Häuser, die Bewohner müssen anderswo unterkommen, die Stadt hilft dabei.
Brandwachen bleiben vor Ort, die meisten Feuerwehrleute rücken ab. In der Wache an der Lise-Meitner-Straßes sitzen sie später bei Kaffee und Brötchen zusammen. Erschöpft und mit dem Wissen: Sie haben einen guten Job gemacht. Denn bei der engen Bebauung hätte alles ganz anders ausgehen können, dann wäre die Häuserzeile ausgebrannt.
Dafür gibt es, wenn man so will, fast am gleichen Ort ein schlimmes Vorbild: 1889 brach in der Reichenbach'schen Fassfabrik ein Feuer aus. Die Firma und rund 30 Häuser wurden ein Raub der Flammen, glücklicherweise konnten die Ahnen der heutigen Feuerwehrleute die benachbarte Nicolaikirche retten. Carlo Eggeling
Kommentare
am 18.08.2024 um 17:16:39 Uhr
Von Lehmwänden war keine Rede.
Die Häuser haben massive Mauerwerkswände, aber die Holzbalkendecken haben einen sog. Lehmeinschub, der sich voll Wasser saugt.