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Lüneburg, am Sonntag den 01.06.2025

Der Schaustellerverband Lüneburg prägt Feste der Stadt mit

von Carlo Eggeling am 18.02.2023


Für den Spaß in Schiffsschaukel und Raupe waren sie gut, aber so richtig dazugehören? Nee, eher nicht. Schausteller lebten am Lüneburger Grasweg unweit der Sülzwiesen auf dem Schaustellerwohnwagenplatz. Ein wenig freundliches Wort, eins, das nach "Zieh weiter!" klingt. Schausteller -- das bedeutete fahrendes Volk, in Amtsstuben sah man sie als Bittsteller. Elf Männer meinten, das müsse sich ändern: August Voss, Hans Bock, Max Czitskat, Gerhard Spreckels, Hugo Witthut, Walter Böttger sen. und jun., Alfred Gaude, Gerhard Nokiel, Gerd Hanke und Hans-Heinrich Witthut gründeten am 16. Mai 1963 den "Verein reisender Schausteller und Berufinteressenten Lüneburg und Umgebung", eine Interessenvertretung, um gegenüber der Stadt und Behörden einig aufzutreten, gemeinsam Werbung zu machen und sich gegenseitig zu unterstützen. Monatsbeitrag: ein Heiermann, also fünf Mark.



Das ist sechs Jahrzehnte her, Grund genug, den Geburtstag zu feiern. Doch entscheidender ist etwas anderes: Traten die reisenden Geschäftsleute damals eher als Bittsteller auf, sind sie längst Teil der Stadt und ihres Wirtschaftslebens geworden. Ihr Verband zählt zu den Gesellschaftern der Lüneburg Marketing GmbH, die Unternehmer prägen nicht nur mit Früh- und Herbstmarkt das Veranstaltungsleben mit. Sie setzten wichtige Akzente bei Stadtfest und Sülfmeistertagen, ohne sie gäbe es die Weihnachtsstadt Lüneburg mit mehreren Märkten nicht.



Die beiden Vorsitzenden Benno Fabricius und Matthias Mantau sowie Geschäftsführer Otto-Ernst Schulz vertreten 40 Betriebe aus der Region. Sie sind nicht nur an der Ilmenau aktiv, auch in Neukloster bei Buxtehude verdienen die Lüneburger Geld, dazu ebenfalls bespielsweise in Goslar, Uelzen und vor allem in Hamburg. Auf dem Dom, dreimal im Jahr, aber bei Hafengeburtstag und Alstervergnügen mischen die Lüneburger mit. Die Verbindung in die große Hansestadt besteht seit langem. Schon vor der Gründung ihres Verbands arbeiteten sie eng mit ihren Hamburger Kollegen zusammen. Der Hamburger Schaustellerverband von 1884 e.V. stand Pate bei der Aufnahme des Lüneburger Verbands in den Deutschen Schaustellerbund.



Noch ein Blick zurück. Zu Festen bauten die Familien Karussells und Buden am Schützenhaus auf. Doch sie wollten mehr. Die Sülzwiesen als Festplatz, das war bei Regen ein schlammiger Parcours. Ein 15 Jahre langes Ringen mit der Stadt begann, bis im April 1980 drei Böllerschüsse hallten -- der asphaltierte Rundweg lädt seitdem zum Rummel-Bummel ein.



Auch der Weihnachtsmarkt, heute ein Glanzlicht im städtischen Leben mit Zehntausenden Besuchern, musste erst erwachsen werden. Geschäftstüchtig dachten die Gründungsmitglieder 1968 daran, Zuckerwaren und Co. in der Adventszeit an den Mann und die Frau zu bringen. Zwischen Telegrafenamt und altem Schlachthof, heute Bürgeramt und der Komplex der Polizei, wuchs eine kleine Budenstadt empor, ein Umzug an der Werder, bis die Männer und Frauen auf den Marktplatz durften. Stückweise, denn am Anfang hatten sie nur die Hälfte der Fläche. Heute gibt es ein Miteinander mit Wochenmarktbeschickern und den Kaufleuten -- die vom bunten Treiben durch abertausende Gäste profitieren, die extra wegen der Märkte anreisen.

Der Gründungsname, unpraktisch und lang, hielt nur ein Jahr, dann wurde daraus der Schaustellerverband Lüneburg. Dessen Aufgaben sind geblieben. Er steuerte mit Notprogrammen durch zwei Corona-Jahre -- Stände in der Innenstadt, solidarischer Gebührenverzicht der Stadt halfen Unternehmern und ihren Mitarbeitern. Das vergangene Jahr bescherte hervorragende Umsätze, weil Menschen endlich feiern durften, sagt Geschäftsführer Schulz. Doch ob das so bleibt? Die gestiegenen Kosten für Energie und Heizung werden die Taschen der Kunden leeren. Und auch die Betriebe selber kämpfen mit höheren Ausgaben, die sie nur begrenzt weitergeben können.



Nicht einfach, aber wann war es je? Es bleibt gefragt, was schon 60 Jahren wichtig war: Ideen, Mut und Gemeinschaft. Fabricius und Mantau und die anderen wissen und leben das.



Übrigens, einen Schaustellerwohnwagenplatz gibt es nicht mehr in Lüneburg. Die reisenden Unternehmer haben längst eigene Flächen gekauft, dort stehen Hallen und Lager für Fuhrpark und Material. Und wenn sie nicht unterwegs sind, fühlen sie sich in Häusern und Wohnungen wohl. Bis zum Frühjahr, dann beginnt die Saison und damit das Sehnen nach dem Leben in Wagen auf den Festplätzen. Das bleibt, das steckt in den Genen. Seit Generationen. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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