Der Kleinkrieg von Häcklingen
von Carlo Eggeling am 04.08.2023Seit gut zehn Jahren hält Astrid Heidenreich bei Häcklingen Alpakas. Mit den Tieren läuft es prima. Doch der Weg zur Weide wird immer wieder zur Tortur: "Dumme Sau und Schlampe" müsse sie sich anhören, wenn sie mit ihrem Pick up über den Embser Kirchweg zur Herde fahre, erzählt sie. Anlieger der Straße und aus dem angrenzenden Wohngebiet seien der Meinung, sie dürfe dort nicht langfahren. Einige scheinen ihr gefühltes Recht selbst in die Hand zu nehmen: "Die stellen sich vor mein Auto. Spaziergänger und Radfahrer weichen kein bisschen zur Seite." Selbst Eltern, die ihren Nachwuchs mit dem Auto zur Schule brächten hätten sie bereits angepampt. Rein juristisch betrachtet ist allerdings nur eine im Recht: Astrid Heidenreich.
Das ergaben Nachfragen im Rathaus und bei der Polizei. Stadtsprecher Florian Beye sagt: "Der Wirtschaftsweg ist für Kfz gesperrt, land- und forstwirtschaftlicher Verkehr ist aber freigegeben. Die Eigentümerin und Betreiberin zählt zum landwirtschaftlichen Verkehr und darf den Weg bei der vorhandenen Beschilderung mit ihren Fahrzeugen befahren." So schätzt auch Polizeisprecherin Julia Westerhoff nach Rücksprache mit Kollegen und anderen Behörden die Lage ein. Und: Wer Frau Heidenreich behindere, begehe eine Nötigung. Das sei im Zweifel strafbar.
All das weiß die 54-Jährige. Sie habe versucht, mit den Anwohnern zu sprechen und die Lage zu erklären, zumeist vergeblich. Sie müsse in der Regel zweimal am Tag zur Koppel, morgens und nachmittags: "Ich bringe Futter und 120 Liter Wasser für die Tiere dort hin." Es gebe keinen direkten Wasseranschluss in der Feldmark. Mitarbeiter des Ordnungsamtes hätten ihr gesagt, sie dürfe mit bis zu Tempo 50 über den Embser Kirchweg rollen: "Das mache ich gar nicht." Um die 30 km/h sei das Maximum.
Rettmers Ortsvorsteherin Carmen Bendorf kennt die Lage: "Ich war mehrmals da, um aufzuklären. Doch das bringt wenig." Und betroffen sei nicht nur Astrid Heidenreich. Auch Bauern, die mit Treckern ihre Felder ansteuern, würden angepöbelt und ausgebremst. Die Ortsvorsteherin sagt: "Wir wohnen hier ein bisschen auf dem Land, da gehört landwirtschaftlicher Verkehr dazu." Sie möchte um Verständnis werben, hat mit dem damaligen Kontaktbeamten vereinbart, eine Informationsveranstaltung zu organisieren. Doch der Kollege hat nun einen neuen Job bei der Polizei. Carmen Bendorf setzt auf die Nachfolgerin.
Astrid Heidenreich nutzt die Wolle der zwei Dutzend Alpakas, aber sie bietet auch Führigen an. Den Gästen sagt sie, dass sie ihre Wagen auf dem Parkplatz Richtung Rettmer abstellen und dann zu Fuß kommen müssten. Die meisten halten sich daran. Eine Ausnahme seien Gruppen der Lebenshilfe, die mit Behinderten zu einem Ausflug kommen.
Die Tierhalterin leidet unter den verbalen Attacken und anderen Gemeinheiten. So habe ein Unbekannter das Gatter zur Koppel mit einem Vorhängeschloss blockiert, nur mit Mühe konnte sie schließlich zu ihren Tieren. Sie wünscht sich nur eins: gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis. Wer Fragen habe, könne sie gern besuchen. Carlo Eggeling
Kommentare
am 04.08.2023 um 19:11:44 Uhr
am 06.08.2023 um 10:56:32 Uhr
am 07.08.2023 um 19:25:30 Uhr
Meistens sind das aber von Natur aus Streitsüchtige Menschen. Die aufgestellten Schilder und die Auskunft von Polizei und Ordnungsamt sind doch eindeutig und klar.
Ich an der Stelle von Frau Heidenreich würde die Polizei rufen und eine Anzeige wegen Nötigung und Gefährdung im Straßenverkehr erstatten, wenn sich wieder jemand vor das Auto stellt und Frau Heidenreich an der Rechtmäßigen Durchfahrt behindert. Evtl. noch eine dash-cam an der Windschutzscheibe um die Nötigung nachweisen zu können.
Natürlich aber erstmal versuchen alles friedlich zu regeln, so wie Frau Heidenreich das ja auch möchte.
Ich wünsche ihr viel Erfolg dabei.