Behindertenbeirat kritisiert Umbau des Glockenhofs
von Carlo Eggeling am 20.05.2023 Die Mitglieder des Behindertenbeirats wissen, dass sie zu viel zu tun haben, gleich vor der Tür ihres Büros im Glockenhaus: Der Glockenhof zu zwei Drittel umgebaut, aber schon eingeweiht mit einem Fest der Stadt, ist nicht barrierefrei. Wer im Rollstuhl sitzt, kommt nicht auf die Bühne, weil eine Stufe zum Hindernis wird. Ähnlich schlecht gelöst empfinden Betroffene die Rampe, die aus Richtung Bäckerstraße zum Platz führt. Am Ende und einer Art Podest für Rollis liegen zwei Stufen, dann muss der Fahrer einen 90-Grad-Winkel einschlagen, um unten anzukommen. Die Stadt spreche nicht von einer Rampe, sondern einer "geneigten Erschließungsfläche", für die andere Regeln gelten würden. Doch für Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator sei der Name gleichgültig, die Lösung aber keine gute.
SPD-Ratsherr Jörg Kohlstedt nennt es "ein Trauerspiel". Er ist ehemaliger Vorsitzender des Behindertenbeirats und von Beruf Architekt bei der Bahn: "Man hätte das bei der Planung und dem Bau ohne Mehrkosten bedenken und umsetzen können, ohne dass es einen Euro mehr gekostet hätte." Jetzt müsse man das Pflaster aufnehmen, eventuell eine Mauer versetzen, er schätzt: "Das dürfte ein paar Tausender zusätzlich ausmachen." Zur Erinnerung: Kohlstedt war in seiner Zeit als Mitglied des Behindertenbeirats derjenige, der die Pläne beim Bau der Arena an der Lüner Rennbahn infrage stellte. An Menschen mit Handicaps hatte die Planer nicht so recht gedacht, das Konzept musste überarbeitet werden.
Daniela Laudan sieht es ähnlich wie Kohlstedt. Die aktuelle Vorsitzende des Behindertenbeirates sagt, eigentlich hätte die Bauverwaltung das Gremium einbinden müssen, das schreibe das niedersächsische Gesetz zur Gleichstellung Behinderter vor: "Man hat uns aber nicht gefragt." Das Ergebnis: "Das ist von A bis Z nicht gut durchdacht." Sie habe bereits im vergangenen Herbst versucht, an Pläne heranzukommen, weil sie und ihre Mitstreiter sich Gedanken um das Pflaster gemacht hätten. Ohne Rückmeldung. Heute die Sorge: Bei Regen könne es ziemlich rutschig für Rollireifen werden.
An Sehbehinderte hätte die Bauabteilung bei dem Konzept gar nicht gedacht, monieren Kohlstedt und Daniela Laudan. Aus Dänemark kenne er ein Beispiel, wo taktile Leitsysteme im Boden integriert seien, die kaum auffielen, aber von Betroffenen gut wahrgenommen würden. Daniela Laudan sagt, es gebe keine Geländer, in die hättem die Planer wie etwa auf Bahnhöfen Hinweise in Brailleschrift integrieren können.
Es ist Wochenende, deshalb war eine Anfrage im Rathaus nicht möglich. Kohlstedt überlegt, ob er das Thema am Montagnachmittag im Bauausschuss anspricht. Dann können Verwaltung und andere Parteien die Problematik bewerten.
Beim Glockenhof hatten Verantwortliche und Baufirma Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, schon einmal nicht auf dem Schirm. Die Rampe am Glockenhaus und damit den Zugang zur einzigen Behindertentoilette in der Innenstadtllt, war blockiert: Paletten mit Steinen wirkten wie eine Blockade. Erst als Daniela Laudan Alarm schlug, schafften es die Arbeiter den Weg zu räumen. Carlo Eggeling
Die Bilder zeigen die Situation vor Ort und Unterlagen, die auf das Ziel Barrierefrei hinweisen.
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