Lüneburg, am Samstag den 19.04.2025

Baustellen-Optimismus

von Carlo Eggeling am 12.10.2024


Meine Woche
Kein Problem, viele Ideen

Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Ein Satz, der mehreren klugen Köpfen zugeschrieben wird. Mitte August war man sich bei der Avacon sicher, an der Roten Straße laufe es prima mit der Baustelle. "Trotz der herausfordernden Gegebenheiten" mache man "gute Fortschritte", sagte eine Unternehmenssprecherin. Wie das so ist, es kam anders, nee, ist doch nicht so leicht. Man müsse länger buddeln, um Leitungen einzupassen. Nun legt der Generalbevollmächtigte der Avacon, Thomas Meyer, nach, es werde bis zum 24. November dauern. Voraussichtlich, muss man anfügen. Denn aller schlechten Dinge sind drei -- wer weiß, ob alles klappt, wo es so komplex ist.

Bleiben wir positiv, wenn es länger dauert, werden wir eine Menge Kreativität erleben. Ich sehe die Ideen des Stadtmarketings vor mir: Die Weihnachtsstadt Lüneburg gewinnt als neue Kunden Bauarbeiter dazu, es gibt Feierabend-Partys, bei denen Handwerker zeigen, wie sie vor Giebeln im Licht Leitungen und Rohre bändigen. Sanitäter könnten Tiefbauerfahrungen sammeln: Wie rette ich abgestürzte Glühwein-Opfer? Das ist eine klasse Alternative zu den ausgefallenen Sülfmeistertagen, die nun wirklich angesichts der vielen Arbeit lediglich alle zwei Jahre zu organisieren sind.

Gut voran geht es ebenfalls bei den seit 2017 geschlossenen öffentlichen Toiletten im Rathaus. Die sollten zwar -- so der Stand vor eineinhalb Jahren -- zur Adventszeit 2024 fertig werden. Nun heißt es, Sommer 2025 müsste klappen. Wenn nicht: Adventszeit 2025 wäre auch etwas. Man muss allerdings dazu sagen, es braucht jede Menge anderer Arbeiten, sonst wären Teile des Rathauses mehr als wackelig. Wenn es nach acht Jahren schließlich heißt panta rhei, alles fließt, ist das ganz schön.

Überhaupt Baustellen. Bei allen Koordinationsproblemen ist es trotzdem gut, dass wir die haben, denn sie zeigen, dass eine Menge Lüneburger anders als die Hoffnungslosen eben nicht meinen, "Lüneburg schafft sich ab", sie sehen Perspektiven.

An führenden Stellen dürfen wir glücklicherweise auf bewährte Optimisten vertrauen. So werden wir erleben, wie eine weitsichtig agierende Marketinggesellschaft samt LCM, Verwaltung und der oftmals sediert wirkenden Stadtrat in seinen Ausschüssen an tollen Aktionen feilen: Hauptstadt der Heide? War gestern. Lüneburg -- Metropole des Baggers und der Schaufel. Gäste bekommen an den Eingängen Bauhelme und Arbeitshandschuhe verpasst, auf den Speisekarten der Lokale stehen Stulle, Currywurst und Kaffee ökologisch-korrekt aus der Thermoskanne ganz oben. Geschäfte bieten als Souvenirs kleine Schubkarren an, die Modeabteilungen zeigen Variationen zum Thema Bauarbeiter-Dekolleté -- wer jetzt sagt, ist für'n Arsch, hat keine Ahnung.

Selbstverständlich stellen unsere Akteure heraus: Ihr Auto ist kein Problem, wir haben innenstadtnah günstige Parkhäuser, bei uns bummeln Sie ohne Verkehr. Und den Satz des OB-Kandidaten in Wartestellung und LCM-Vorsitzenden Heiko Meyer in der Zeitung, nach dem die Menschen zum Einkauf nach Winsen fahren und da bleiben, rückt er als Missverständnis gerade. Es gelte selbstverständlich das alte Motto des Handels "Lieber nach Lüneburg".

Also Ideen. Denn die Kulisse entwickelt sich in den kommenden Monaten sensationell: Die IHK modelt ihr Haus am Sand nach den Weihnachtstagen für geschätzte 35 Millionen Euro um, Abriss, Neu- und Ausbau. Kalkuliert für zwei Jahre. Prognosen, Sie erinnern sich. Die Sparkasse will's An der Münze schöner, praktischer und selbstverständlich nachhaltiger haben. Baustelle. Karstadt, da soll sich im Frühjahr was an der Fassade tun.

Lüneburg kann noch mehr. Baustellen an Bleckeder und Dahlenburger Landstraße. Oben an der Ostumgehung/Autobahn rücken im Laufe nächsten Jahres ebenfalls Bauarbeiter an, heißt es. Zum Krankenhaus rollen für das neue Eltern-Kind-Zentrum sicher eine Menge Laster mit Material.

Es gibt den wunderbaren Vorschlag des Baustellenkoordinators. Einen Wirtschaftslotsen vermissen einige Ratspolitiker überdies schmerzhaft. Warum, wenn es bestens läuft? Da die Stadt die nächsten Jahre beim Haushalt eh in tief finstere Zig-Millionen-Löcher schaut, kann sie auf neues Personal verzichten. Denn Fachleute arbeiten im Stab und als persönliche PR-Referenten auf der obersten Ebene. Was soll da schief gehen?

Prognosen? Na ja. Die sind eben schwierig. Mein alter Lokalchef zitierte gern Heraklit: "Nichts ist so beständig wieder Wandel." Ansonsten hilft der Optimismus der Kindersendung Bob der Baumeister und dessen Chor, "Bauarbeiter: Können wir das schaffen? Bob der Meister: Yo wir schaffen das!" Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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