Lüneburg, am Donnerstag den 26.12.2024

Attacken gegen Homosexuelle

von Carlo Eggeling am 27.11.2024


Zwei Überfälle auf Schwule binnen 24 Stunden -- in Lüneburgs queerer Gemeinschaft gehen Mitgefühl, Sorge und Wut um. Dirk Ahrens, der seit Jahren zum Orga-Team des Schwulen Heidekönigs gehört, berichtet, dass man Warnungen auf den eigenen Kanälen veröffentlichen und sich treffen wolle, um zu überlegen, wie sich die Gruppe positioniert. Ahrens mahnt, da ist er mit der Polizei einig, zu schauen, mit wem man sich auf Datingportalen verabrede und wo man sich treffe. Es ist ein Schock, denn in den vergangenen Jahren begegnete Lüneburg Homosexuellen in der Regel tolerant und freundlich, Delegationen nehmen beispielweise am Heideblütenfest in Amelinghausen teil..

Zur ersten Attacke kam es, wie berichtet, am Montag gegen 18.15 Uhr auf dem Gelände der IGS in Kaltenmoor. Ein 24-Jähriger hatte sich über eine Kontaktbörse in Kaltenmoor verabredet. Der Bild-Zeitung schilderte er, wie er dort von mehreren Angreifern geschlagen wurde. Er erlitt Verletzungen im Gesicht, kam ins Krankenhaus. Nach seinem Eindruck habe es sich bei den Schlägern um arabischstämmige Männer gehandelt.

Die Polizei erklärt dazu, dass sie Zeugen vernehme. Einen politischen Hintergrund schließe man aktuell aus, das Opfer zählt zum lokalen Vorstand der Jungen Union. Inwieweit Schwulenfeindlichkeit ein Motiv sei, sei Bestandteil der Ermittlungen. Den homosexuellen Hintergrund habe die Polizei in ihrer ersten Erklärung nicht genannt, um die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen zu schützen: "Aber wir wussten davon."

Am Dienstagabend im Park an der Wilhelm-Leuschner-Straße dann der nächste Vorfall. Auch hier soll ein Datingportal im Internet eine Rolle spielen. Ein 37-Jähriger verabredete sich, statt Zärtlichkeiten gab es Schläge und Tritte. Der Mann kam verletzt ins Klinikum. Ob Homosexualität hier eine Rolle spielte, wisse man noch nicht, sagt Polizeisprecher Michel Koenemann. Doch der Ablauf erinnere natürlich an das Geschehen einen Abend zuvor. Eine Fahndung der Polizei sei erfolglos geblieben.

Intern soll die Polizei überlegen, ob sie ihre Staatsschutzabteilung einschaltet. Die kommt eigentlich bei politischen Delikten zum Zuge, die liegen vordergründig nicht vor, aber das Vorgehen erinnert an gezielte Attacken.

Auch wenn es hier so aussieht, dass muslimisch geprägte Jugendliche die Täter sein könnten und es sich um Hasstaten gegen Homosexuelle handelt, gibt es auch Beispiele aus der Region mit anderem Ablauf. In Dannenberg hatten vier Täter vor Monaten einen Mann in eine Falle gelockt, um ihn auszurauben. Sie spielten ihm auf einem Portal ein Frauen-Profil und die Suche nach Sex vor. Das Opfer musste sein Geld herausgeben und wurde geschlagen. Das Landgericht Lüneburg verurteilte den Haupttäter, einen 23-Jährigen, im Oktober zu einer Haftstrafe von acht Jahren.

Gleichwohl sind die Taten aus Kaltenmoor kein Einzelfall. Bundesweit berichtet die Polizei von Übergriffen auf Homosexuelle durch muslimische Zuwanderer. Wie gefährlich ihre sexuelle Orientierung ist, haben arabische Flüchtlinge auch im Landkreis erlebt: Ein Paar, das während der ersten sogenannten Flüchtlingswelle, in die Region kam, wollte nicht in einer Unterkunft bleiben -- es fürchtete um sein Leben. Die beiden zogen daher in Räume der ehemaligen Aidshilfe.

Der ehemalige Schwule Heidekönig Dirk Ahrens erinnert daran, dass Homophobie nicht nur bei manchen Muslimen ein Thema ist. In Neubrandenburg hatte das Stadtparlament beschlossen, dass am Bahnhof keine Regenbogenfahnen mehr gehisst werden dürfen. Nach massiven Protest legte das Kommunalparlament gerade eine Kehrtwende hin. Zudem gebe es Aufmärsche von Rechtsradikalen, wenn in ostdeutschen Städten Christopher Street Days gefeiert würden. CSDs sind Treffen, bei denen queeres Leben bunt gefeiert wird.

Zu den beiden Angriffen in Lüneburg heißt es von der Polizei, man ermittle mit Hochdruck. Hinweise: 04131 83062215. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


Kommentare Kommentare


Zu diesem Artikel wurden bisher keine Kommentare abgegeben.



Kommentar posten Kommentar posten

Ihr Name*:

Ihre E-Mailadresse*:
Bleibt geheim und wird nicht angezeigt

Ihr Kommentar:



Lüneburg Aktuell auf Facebook