Lüneburg, am Mittwoch den 30.10.2024

17560 Waffen gibt es im Kreis — von denen die Behörden wissen

von Carlo Eggeling am 22.03.2023



Wer im Landkreis Lüneburg legal eine Waffe besitzt, muss -- theoretisch -- nur alle 50 Jahre damit rechnen, Besuch vom Landkreis zu erhalten. 3124 Waffenbesitzer sind Auf dem Michaeliskloster registriert, das Ordnungsamt prüft nach eigenen Angaben stichprobenhaft bei Ortsterminen: "Mindestens 60 Besitzende im Jahr werden unangekündigt und nach Zufallsauswahl geprüft." Das ist im Kopf schnell ausgerechnet. Es zeigt, wie schwierig es für Behörden ist, Kontrollen umzusetzen.

Die tödlichen Schüsse von Hamburg, wo ein mutmaßlich psychisch kranker Mann, im Gemeindesaal der Zeugen Jehovas sieben Menschen und sich dann selbst tötete, hat die Diskussion um Waffen erneut aufflammen lassen. Der Täter war Sportschütze, war offenbar ohne große Mühe an Waffen und Munition gekommen. Nicht einmal ein Hinweis auf seine Auffälligkeit führte dazu, dass man ihm sein Arsenal abnahm.

Die Politik reagiert, auch Niedersachsen. Das Land hat am Dienstag verkündet, vom kommenden Jahr an die Zuständigkeiten zu straffen, die Zahl der Waffenbehörden soll von 99 auf 47 sinken. Was heißt das für den Landkreis Lüneburg, der Waffenbehörde ist? Eine Anfrage im Kreishaus. Marion Junker von der Pressestelle hat die Antworten zusammengetragen.


?? Was ändert sich?
>> Für die Hansestadt und den Landkreis Lüneburg ergibt sich keine Änderung, weil schon vor Jahren die Zuständigkeit für das Waffenrecht im Rahmen des Lüneburg-Vertrags von der Hansestadt auf den Landkreis Lüneburg übertragen wurde. Der Landkreis kümmert sich daher um alle Waffen-Belange im ganzen Landkreis. Das System hat sich bewährt.

?? Wie schaut es in Zahlen aus? Es gibt den kleinen Waffenschein, den man etwas für Schreckschussrevolver beantragen muss. Wie schlüsselt sich das auf?
>> Insgesamt sind 7.744 Personen mit waffenrechlticher Erlaubnis, sogenannte Erlaubnisscheininhaber, im Nationalen Waffenregister (NWR) erfasst. Dazu zählen nicht nur Jäger und Sportschützen, sondern auch Personen mit dem "kleiner Waffenschein" für Schreckschusswaffen. Es gibt 3.124 Waffenbesitzende, das sind vor allem Jägerinnen und Jäger, weil wir als Flächenlandkreis viele Jagende haben, dazu kommen Sportschützinnen und -schützen und ausgewählt sehr wenige Personen, die z.B. im Bewachungsbereich arbeiten. 17.560 Waffen sind registriert.

?? Bei diesen Zahlen, wie viele Kollegen betreuen diesen Bereich?
>> Im Landkreis Lüneburg arbeiten drei Mitarbeitende im Bereich Waffenrecht.

?? Wie sehen Ihre Kontrollen aus?
>> 1. Die Regelkontrollen nach dem Waffenrecht werden spätestens alle drei Jahre durchgeführt. Das sind Zuverlässigkeitsüberprüfungen im automatisierten Verfahren, bei denen für jeden Waffenbesitzenden Hintergründe abgefragt werden, z.B. beim Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt, um deren Zuverlässigkeit zu prüfen.
2. Die unangekündigte Verwahrkontrolle wird als Stichprobenkontrolle durchgeführt. Es wird unter anderem geprüft: Besteht weiterhin ein Bedürfnis -- also ein Grund -- Waffen zu besitzen? Sind die Waffen, die der Landkreis vorfindet, angemeldet und registriert? Passt die Munition passt zu den Waffen? Ist der Tresor als Aufbewahrung geeignet? Wer hat Zugriff auf die Waffen?

?? Wie oft kommen Ihre Kollegen sozusagen zum Hausbesuch, um sich ein Bild vor Ort zu machen?
>> Grundsätzlich versucht der Landkreis, eine hohe Anzahl Waffenbesitzende zu kontrollieren. Mindestens 60 Besitzende im Jahr werden unangekündigt und nach Zufallsauswahl geprüft, zusätzlich zur Regelüberprüfung.

?? Wie oft ist etwas nicht in Ordnung?
>> Die Beanstandungsquote ist sehr sehr gering, die Waffenbehörde muss nur wenige Bußgeldverfahren einleiten. Hauptsächlich handelt es sich um Beanstandungen, wenn Kauf und Verkauf bzw. Weitergabe einer Waffe der Waffenbehörde nicht angezeigt wird. Das muss innerhalb von zwei Wochen nach Übergang erfolgen. Wird die Frist überschritten, kann das mit einem Bußgeld bis 150 Euro bei einem Erstverstoß geahndet werden. Bei mehrfacher Wiederholung prüft die Waffenbehörde den Widerruf der Erteilung einer Erlaubnis. Allerdings: Diese Verstöße passieren häufig aus Gedankenlosigkeit, die Meldung wird vergessen, z. B. wenn eine Waffe vom Vater auf Sohn übergeben wird und beide Jäger sind und einen Erlaubnisschein haben.

?? Wie erfahren Sie davon, dass jemand als unzuverlässig eingestuft wird, was sind die Kriterien?
>> Ein wichtiger Baustein im Waffenrecht ist, dass die Waffenbehörde Delikte, die ihr von anderen Behörden gemeldet werden, berücksichtigt: Sie prüft, ab sich das Delikt auf die charakterliche Eignung der Person mit waffenrechtlicher Erlaubnis auswirkt, eine Waffe zu tragen.
Zum Beispiel wird eine Fahrerlaubnisentzug aufgrund Alkoholmissbrauch von der zuständigen Behörde gemeldet -- das kann die charakterliche Eignung beeinträchtigen bis zum Entzug der Erlaubnis. Anderes Beispiel: Die Staatsanwaltschaft meldet der Waffenbehörde, wenn ein Körperverletzungsdelikt vorliegt. Ein Mensch, der Gewalt gegen andere Menschen ausübt, ist grundsätzlich nicht geeignet, Waffen zu besitzen. Das betrifft auch Menschen, die sich gegen die Grundordnung der Verfassung positionieren, zum Beispiel Reichsbürger.
Die Waffenbehörde kann gegenüber Menschen, die keine waffenrechtliche Erlaubnis haben, ein Waffenbesitzverbot aussprechen, das dann auch im Führungszeugnis eingetragen wird. Das kann zum Beispiel Menschen betreffen, die mit gefährlichen Gegenständen wie z.B. Messer oder Schreckschusspistole (ohne die dafür nötige Erlaubnis zu besitzen) herumlaufen und der Waffenbehörde von der Polizei gemeldet werden. Durch das ausgesprochene und eingetragene Waffenbesitzverbot begeht die betreffende Person eine Straftat, wenn sie eine Waffen (z. B. ein Messer) mitführt. Carlo Eggeling

© Fotos: ca


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