Nur fast normal
von Christiane Bleumer am 31.10.2015Diane (Anna Müllerleile) leidet unter einer bipolaren Störung. Ihr Mann Dan (Kristian Lucas) geht mit ihr zum Arzt (Timo Rößner).
Was bedeutet es für ein siebzehnjähriges Mädchen, wenn die Mutter unter einer psychischen Krankheit leidet und sich in der Familie alles nur darum dreht. Die Einsamkeit von Natalie (in der Premiere am gestrigen Freitag gespielt von Pia Jauernig, sonst alternierend mit Anna von Mansberg) ist fast mit Händen zu greifen. Ihr Bemühen, sich gegen einen übermächtigen Bruder (Calvin-Noel Auer) durchzusetzen, der die Gedanken der Mutter Diane (Anna Müllerleile) dominiert, laufen ständig ins Leere, und auch der Vater (Kristian Lucas) bietet ihr keine Unterstützung. Er versucht vielmehr, den Schein der Normalität zu wahren, räumt Stühle an die richtige Stelle, deckt den Tisch und kümmert sich ansonsten um seine Frau. Da bleibt nichts mehr für Natalie übrig, die immer weiter in ihrem verkorksten Leben versinkt. Hoffnung für sie kommt allein von Henry (Timm-Marvin Schattling), der sie geduldig unterstützt und zu ihr steht.
Mit dem Musical "Fast normal" oder Next to Normal, so der Originaltitel, hat die Junge Bühne T.3 ein schwieriges Thema aufgegriffen. Das ist nicht mehr die heile, lustige Musicalwelt, die man vielleicht erwartet hat. Vielmehr geht es um eine Familie am Abgrund, die durch ein Ereignis der Vergangenheit in fast unüberwindbare Schwierigkeiten gerät. Das Rock-Musical feierte 2009 am Broadway Premiere, wurde im selben Jahr für elf Tony Awards nominiert und gewann schließlich drei der begehrten Theater-Preise, unter anderem in den Kategorien «Beste Musik und Liedtexte» und «Beste Orchestrierung». Neben mehreren Kritikerpreisen erhielt Fast Normal (Next to Normal) im Jahr 2010 den Pulitzer-Preis für Drama – eine Auszeichnung, die äußerst selten an ein Musical vergeben wird. Seither erobert das Stück die Welt.
In der Lüneburger Inszenierung von Friedrich von Mansberg stehen Jugendliche einmal mehr gemeinsam mit Profis auf der Bühne. Dafür kooperiert das Theater mit der Musikschule der Hansestadt Lüneburg. Dem gesamten Ensemble, das noch durch Timo Rößner ergänzt wird, gelingt es, diese Situationen berührend und ergreifend auf die Bühne zu bringen. Unterstützt durch eine Band unter der musikalischen Leitung von Alexander Eissele und Hye-Yeon Kim ist eine Aufführung entstanden, die das Publikum mit toller Musik und emotionaler Handlung in ihren Bann zieht. Die Premierenbesucher waren begeistert und belohnten die Darsteller mit Standing Ovations.
Fast Normal (Next to Normal) ist bis Anfang Februar 2016 im T.3 zu erleben.Viele Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Bei Abendvorstellungen findet eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn eine Einführung im T.3-Foyer statt.
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